Zeist. Abendblatt-Gespräch mit dem ehemaligen Abwehrchef der Hamburger, der Ende des Jahres 2016 als Manager im Gespräch war

    Das Stichwort Hamburg fällt. Nico-Jan Hoogma (49) reagiert spontan. „Hamburg, meine Perle. Wunderschöne Stadt.“ Ortstermin in Zeist, in der Zentrale des Königlich Niederländischen Fußball Bunds (KNVB). Hoogma, Abwehrchef und zeitweise HSV-Kapitän, amtiert seit März als Direktor Topfußball beim KNVB. Im Gespräch mit dem Abendblatt schildert Hoogma, warum er nicht HSV-Manager wurde und wie er die „Elftal“ wieder zu einer führenden Fußballnation machen will.

    Herr Hoogma: 2014 noch WM-Dritter, danach keine EM, nun keine WM. Wie ist der Absturz einer Fußball-Großmacht zu erklären?

    Nico-Jan Hoogma: Viel Unruhe im Verband, auch auf der Position des Bonds­coachs nach van Gaal. Vergleichbar mit der Entwicklung beim HSV. Zudem hatten unsere Spieler nicht mehr die Qualität. Wir hatten kaum noch Topstars.

    Wo steht der Fußball der Niederlande?

    Mit derzeit führenden Nationen wie Deutschland, Frankreich und Spanien können wir uns noch nicht messen. Da liegt viel Arbeit vor uns. Mit dem neuen Nationaltrainer Ronald Koeman planen wir jetzt einen kompletten Neuaufbau.

    Der steht auch beim HSV an. Was hat zum Abstieg geführt?

    Es gab über Jahre hinweg keine klare sportliche Linie. Viele Fehler, viele Änderungen in der Führung, die kontraproduktiv waren und fast zwangsläufig im Bundesligaabstieg enden mussten.

    Haben Sie noch Kontakt zu Hamburger Weggefährten?

    Ja, sporadisch zu „Pelu“ Cardoso, manchmal zu Sergej Barbarez und zu „Fummel“ Wehmeyer.

    Wehmeyer, schon im Amt zu Ihrer Zeit, ist weiter Teammanager …

    … und er hat mich vor zwei Jahren angerufen, als mein Sohn Justin vor dem Wechsel zu 1899 Hoffenheim stand. Er fragte, ob noch was zu machen wäre mit Hamburg. Der HSV kam aber zu spät.

    Wie lief es, als Sie Ende 2016 beim HSV als Manager im Gespräch waren? Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer sagte, der HSV hätte Ihnen abgesagt. Sie behaupteten, Sie hätten dem HSV abgesagt. Wer lügt?

    Nach unseren beiden Gesprächen tagte an einem Mittwoch der Aufsichtsrat, der die Entscheidung treffen sollte. Beiersdorfer erklärte mir, dass ich spätestens am Donnerstag Bescheid bekäme. Es tat sich nichts. Ich reagierte, rief abends an. „Didi“ rief zurück. Er hat sich gewunden, sprach von guten Gesprächen mit mir, aber von dem Plan, noch mit einem anderen Kandidaten zu sprechen. Ich spürte, dass sie von mir nicht vollends überzeugt sind. Also erklärte ich: ,Didi, du kannst meinen Namen von der Liste streichen.‘ Schade, dass Beiersdorfer nicht offen war und mir die Wahrheit gesagt hat.

    Hätten Sie den HSV gerettet?

    Ich allein hätte gar nichts bewerkstelligen können. Doch vielleicht hätte ich dazu beitragen können, dass sich ein neuer Führungsstil entwickelt, ein neues fruchtbares Miteinander.

    Wie bewerten Sie das Comeback von Bernd Hoffmann?

    Kommerziell war Hoffmann damals ein Gigant, in diesem Sektor der richtige Mann. Später soll er in den sportlichen Bereich von Beiersdorfer hineinregiert haben. Wenn es so war, war das nicht gut. Nun steht er an der Spitze eines neuen Teams. Abwarten, was wird.

    Der Wiederaufstieg ist kein Selbstläufer?

    Es wird ein ganz hartes Jahr. Der HSV wird gejagt. Wie im vergangenen Jahr: Jeder wollte den HSV abschießen, die Uhr im Stadion stilllegen.

    Was halten Sie davon, dass der HSV Leistungsträger wie Sakai, Holtby und Hunt weiterverpflichtet hat?

    Holtby ist ein Freund des Trainers Titz, sie unterstützen sich. Auch die anderen sind erfahrene Akteure, doch sie müssen fit sein und beweisen, dass sie eine Mannschaft mitreißen können. Sie müssen Charakter zeigen.

    Was empfehlen Sie den Machern in Hamburg? Ihr Rezept für die Erstklassigkeit?

    Aus der Ferne kann ich nicht einschätzen, wie gut der Nachwuchs ist. Kann man schon auf ihn bauen? Der Neuaufbau mit Kräften aus den eigenen Reihen neben den Führungsspielern wäre aber strategisch wünschenswert.

    Haben Sie Angst, dass der HSV das Schicksal anderer Traditionsclubs teilt und in der Bedeutungslosigkeit verschwindet, sollte der sofortige Wiederaufstieg nicht glücken?

    Die Sorgen mache ich mir nicht. Doch nun sollte Ruhe bewahrt werden, auch wenn es nicht gleich wieder hochgeht.