Moskau.

    Erstaunlich fit für seine 82 Jahre erklimmt Joseph S. Blatter die Treppe des Moskauer Nobel-Hotels St. Regis. Alle warten sie auf ihn, den früheren Fifa-Boss, der es gar nicht erwarten kann, mit aufgeknöpftem Hemd und breitem Lächeln von seinem WM-Abenteuer zu berichten. Es gefällt ihm, wie angesagt er auch nach dem Fifa-Skandal inklusive Sperre bis 2021 noch ist. Der alte Showman genießt den Auftritt

    „Es hat mir gutgetan, dass ich da wieder hineinkomme. Einen Moment glaubte ich, die Zeit hat gestoppt“, meint Blatter. Ein bisschen Präsident ist er also irgendwie immer noch – zumindest versucht er, diesen Eindruck zu erwecken. Dem Weltverband dürfte diese Inszenierung ziemlich gegen den Strich gehen. Blatter darf wegen seiner Suspendierung in Russland nur als Gast und nicht als Offizieller auftreten.

    Die Fifa-Vertreter, die er persönlich getroffen habe, „die freuen sich, dass ich hier bin“, behauptet Blatter. Ob das auch für seinen Nachfolger Gianni Infantino gilt, ist zu bezweifeln. Blatter hat ihn schließlich deutlich kritisiert: „Ich bin nicht mit all seinen Ideen einverstanden. Ich bin so lange dabei, ich erlaube mir, das zu sagen.“ Die Reform der Club-WM und eine Weltliga für Nationalmannschaften sind damit genauso gemeint wie die für 2026 beschlossene Aufstockung der WM auf 48 Teams. Die Fifa müsse aufpassen, „nicht ein Monster“ zu werden“. Gastgeber Putin schätzt Blatters Anwesenheit dagegen sehr. „Man muss Brücken bauen, und das ist hier der Fall“, begründet der Mann aus dem Wallis seinen Auftritt. „Vielleicht gibt es nach der WM einen anderen Eindruck davon, was Russland ist. Politische Probleme werden durch die WM kaum gelöst.“