Moskau. Durch das 2:1 gegen Polen ist die Mannschaft um Liverpool-Star Mané die Hoffnung eines ganzen Kontinents

    Die große Tragik des afrikanischen WM-Fußballs, die sich ja auch beim laufenden Turnier mit großer Unerbittlichkeit zeigt, drohte wieder einmal zuzuschlagen, als die Nachspielzeit der Partie zwischen Senegal und Polen anbrach. Die Turnier­geschichte ist voll von dramatischen afrikanischen Niederlagen, in Russland hatten bereits Marokko, Tunesien und Ägypten Punkte durch Gegentreffer in der allerletzten Minute verloren. Nun lag endlich der erste Sieg für den Kontinent bereit. Mit 2:1 führte das Ensem­ble um den Starstürmer Sadio Mané vom FC Liverpool.

    Und diesmal ging es tatsächlich gut. Zwar schlugen die Polen noch ein paar lange Bälle, aber die Abwehr hielt. „Wir haben sehr diszipliniert gespielt, sehr aggressiv, wir waren ein solider Block“, sagte Aliou Cissé, der Trainer des Senegal, dessen Mannschaft tatsächlich kaum Chancen zugelassen hatte. Cissé war sich der Tragweite dieses Erfolges sofort bewusst. „Senegal repräsentiert den ganzen Kontinent, und wir sind stolz, Afrika auf diese Art und Weise vertreten zu haben“, verkündete er, während erste Videos von den Feierlichkeiten in den Straßen Dakars nach Moskau übermittelt wurden.

    Tatsächlich gibt es gute Gründe für diese Freude, manches deutet darauf hin, dass die Senegalesen das beste Team vom Schwarzen Kontinent bei diesem Turnier werden können. Der Sieg gegen die enttäuschenden Polen war die Konsequenz einer sehr reifen Leistung, auch wenn eine Portion Glück im Spiel war. Nach ausgeglichenem Beginn wurde ein nicht besonders gefährlicher Schuss von Idrissa Gueye aus 20 Metern vom polnischen Verteidiger Thiago Cionek abgefälscht und landete zum 1:0 im Tor (37.). Und der zweite Treffer kam durch eine Schiedsrichterkuriosität zustande.

    Das Duell der Superstürmer fand nicht statt

    M’Baye Niang hatte sich behandeln lassen und wurde von den Unparteiischen in einem Moment ins Spiel zurückbeordert, als der Pole Grzegorz Krychowiak gerade einen Rückpass auf Torhüter Wojciech Szczesny spielte. Wie aus dem Nichts tauchte Niang auf dem Rasen auf, erlief den Ball, übersprintete den Keeper und schoss ins leere Tor (60.). Vielleicht hätte Krychowiak diesen Ball nicht spielen dürfen; dass aber ein Spieler von einer Verletzungspause in einem Moment aufs Feld gelassen wird, wo er umgehend ins Geschehen eingreifen kann, ist ein No-Go. Vermutlich hat das Schiedsrichtergespann aus Bahrain den eigenen Fehler sofort erkannt, aber für diesen Fall gibt es keine Korrekturmöglichkeit, auch der Videoassistent konnte hier nichts mehr ausrichten. „Wir waren sehr überrascht über diese Sache“, sagte der polnische Trainer Adam Nawalka.

    Dass Krychowiak fünf Minuten vor dem Ende den Anschlusstreffer erzielte, machte das Spiel noch einmal spannend, war für die Polen aber ein schwacher Trost. „Ich glaube, dass wir viele Elemente im Spiel hatten, die nicht gut waren“, räumte Nawalka ein, „die Flügelspieler waren nicht gut, die Spieler im Zentrum waren auch nicht gut, wir hatten zu wenig Dynamik im Spiel.“

    Auch das große Duell der Superstürmer hatte es nicht gegeben. Weder der Münchner Robert Lewandowski noch Mané strahlten viel Torgefahr aus. Als Lewandowski einmal freie Bahn hatte, wurde er 18 Meter vor dem Tor vom sehr starken Neu-Schalker Salif Sané gefoult. Ansonsten blieb der Star des FC Bayern blass, unter Kon­trolle gehalten von der senegalesischen Defensive. Und Mané fiel vor allem auf, weil er viel redete, weil er das Team sortierte als verlängerter Arm des Trainers – der Plan ist aufgegangen.

    Afrika als Fußballkontinent, dessen Präsenz ja nicht ganz unerheblich ist für das Flair eines globalen Turniers, hat also seine große Hoffnung entdeckt, denn Kolumbien und Japan, die anderen beiden Teams der Gruppe, sind keinesfalls übermächtig, wobei Cissé seine tanzenden Spieler warnte: „Wir dürfen jetzt nicht auf und ab hüpfen, Demut ist sehr wichtig.“

    Polen: Szczesny – Piszczek (83. Bereszynski), Cionek, Pazdan, Rybus – Krychowiak, Zielinski – Blaszczykowski (46. Bednarek), Milik (73. Kownacki), Grosicki – Lewandowski.Senegal: Khadim N’Diaye – Wague, Koulibaly, Sané, Sabaly – Sarr, Alfred N’Diaye (87. Kouyaté), Gueyé, Mané – Diouf (62. N’Doye), Niang (75. Konaté).Tore: 0:1 Cionek (37., Eigentor), 0:2 Niang (60.), 1:2 Krychowiak (86.). Z.: 44.190 (ausverkauft). Schiedsrichter: Shukralla (Bahrain). Gelb: Krychowiak – Sané, Gueyé.