Hamburg. HSV-Rollstuhlbasketballerinnen Mareike Miller, Anne Patzwald und Maya Lindholm sind dabei

    Was für eine Frage! Ist doch keine Frage. Sondern ein großes dickes Ausrufezeichen, ein klares, lautes „Natürlich“. Von allen dreien. Ob sie sich denn besonders auf die Rollstuhlbasketball-Weltmeisterschaft vom 16. bis 26. August in der eigenen Stadt freuen? „Ich bin überzeugt davon, dass es großartig wird“,sagt Mareike Miller. Wird es sehr wahrscheinlich. Das bedeutendste und größte Event für Sportler mit Behinderung nach den Paralympics, viel Spektakel, super Show drumherum im Wilhelmsburger Inselpark. Knapp zwei Monate noch - der Countdown läuft. Auch für die Hamburgerinnen in der Nationalmannschaft.

    Athleten aus 19 Nationen, 16 Männer- und zwölf Frauenteams sind am Start. Und drei Hamburger Frauen sind dabei. Miller, Anne Patzwald und Maya Lindholm von den BG Baskets im HSV wurden von Bundestrainer Martin Otto ins Team berufen. Bei den Männern schaffte das nur HSV-Kapitän Kai Möller, aber der wechselt zur neuen Saison zu Pokalsieger RSV Lahn-Dill nach Wetzlar. „Wir konnten mit der Nominierung nach den Leistungen in den vergangenen Jahren rechnen“, sagt Miller, „aber wir mussten in den Lehrgängen trotzdem Vollgas geben.“

    Gerade erst sind sie vom Trainingslager in Australien zurückgekehrt. Bis Ende Mai stand harte Arbeit in Canberra im Trainingscenter der Australier auf dem Programm. Sechs Spiele innerhalb von zehn Tagen gegen die Gastgeber, vier Siege. „Der ideale Startschuss für die Vorbereitung, physische Spiele, es war sehr gut“, erzählt Miller. Für Tourismus war nur wenig Zeit. Dennoch ließ sie es sich nicht nehmen, in Sydney gemeinsam mit dem Bundestrainer die berühmte Harbour Bridge zu erklimmen. „Das war ein super Erlebnis, einmalig.“

    Miller und Patzwald spielen bei den BG Baskets im Bundesligateam. Lindholm ist „nur“ für die zweite Mannschaft aktiv – „der Job als Ergotherapeutin lässt nicht mehr zu“ – hat da aber hohe Spielanteile, auch nicht schlecht. „Wir haben hier in Hamburg ideale Trainings- und Arbeitsbedingungen“, sagt Anne Patzwald stellvertretend. Seit zwei Jahren lebt die 28-Jährige in unserer Stadt. Sie arbeitet auf einer halben Stelle als Therapeutin im BG Klinikum Boberg, wo sie auch ihre Wohnung hat.

    Seit einem Unfall im Alter von 19 Jahren ist die in Guben geborene und in Gütersloh aufgewachsene Patzwald auf den Rollstuhl angewiesen. Durch die Reha ist sie zum Basketball gekommen – „vorher hatte ich mit Sport wenig am Hut.“ Das hat sich komplett geändert. Sie spielt Badminton, schwimmt gerne, macht lauter extremen Kram. Wie einen Tandemfallschirmsprung – „am liebsten wäre ich gleich nochmal gesprungen“ – oder Klettern mit Rollstuhl. Geht nicht gibt es nicht für sie. Die Paralympischen Spiele 2016 in Rio waren ihr erstes großes Turnier, Silber das Ergebnis: „Das war sehr krass.“ Lindholm und Miller sind da erfahrener. Beide standen schon 2012 in der Mannschaft, die in London Paralympics-Gold geholt hat. Miller war mit 19 Punkten im Finale gegen Australien sogar die beste Schützin des Spiels. „Ich glaube, die Australier haben mich damals unterschätzt“, erzählt die 27-Jährige. Das passiert ihr nicht mehr. Geboren ist sie in Friedberg, aufgewachsen in Köln. Immer hat sie Basketball gespielt. Schon mit 14 Jahren spielte sie in der Frauen-Regionalliga. Und riss sich das erste Mal das Kreuzband. Reha, Comeback, Kreuzbandriss! Insgesamt viermal innerhalb von vier Jahren ist das passiert. „Dann war mir klar, das war´s. Im Rollstuhl konnte ich meinen Sport aber weiter betreiben“. Nur ein Jahr hat es gedauert, bis sie es in ihrem Sportgerät in die Nationalmannschaft brachte. Und in die USA, wo sie in Wisconsin Sportmanagement studierte und dreimal die Collegemeisterschaft gewann. Schon 2014/15 spielte Miller erstmals in Hamburg, im Sommer 2017 gab es die Chance zurückzukehren und einen Job im Management des Internationalen Rollstuhlbasketball-Verbands anzunehmen. „Das mache ich 32 Stunden in der Woche“, erzählt sie, „mit dem Sport obendrauf ist das manchmal happig.“

    Maya Lindholm (27) wohnt und arbeitet in Wilhelmsburg. Da ist der Weg zum Training nicht so weit. Die geborene und begeisterte Hamburgerin („Ich will hier nie weg“) hat als Teenager eine Entzündung im Rückenmark erlitten, von jetzt auf gleich, keiner weiß warum. Es folgten monatelange Aufenthalte im Krankenhaus und in der Rehabilitation. Immer wieder Hoffnung und Rückschläge. „Erst fast ein Jahr später“, sagt die Nationalspielerin, „haben mir die Ärzte gesagt, dass ich nie wieder laufen könne.“ So kam auch sie zunächst wider Willen zum Sport – „aber ich habe gemerkt, dass es Spaß macht und ich Talent habe.“ Mit 18 feierte sie ihr Nationalmannschaftsdebüt.

    Nach dem Trainingslager in Canberra folgten zwei weitere Trainingscamps in Bad Honnef. An diesem Wochenende ist mal frei, durchpusten, bis es vom 2. bis 6. Juli zu einem großen Testturnier in Sheffield mit Partien gegen die Topteams aus Japan, den Niederlanden, Kanada und Großbritannien geht. Sofort danach folgt ein weiteres Turnier in Frankfurt. Sieben Spiele in zehn Tagen. Es ist schließlich Leistungssport: „Wir alle sind heiß auf die WM, haben große Lust und sind voll motiviert“. Noch Fragen?