Sotschi. Bundestrainer Joachim Löw setzt auf einen Stimmungsumschwung an dem Ort, wo man 2017 beim Gewinn des Confed-Cups wohnte

    Der Blick aus dem Zimmer macht Joachim Löw Freude. Wenn der Bundestrainer im Radisson Blu Paradise Resort in Sotschi aus dem Fenster sieht, breitet sich vor ihm ein mediterranes Ensemble aus. Das Schwarze Meer reicht bis zum Horizont. Auf der Promenade spazieren Badegäste und ein paar Straßenverkäufer, die Papageien auf ihren Schultern tragen. Ein Ort der Leichtigkeit ist das.

    Der Bundestrainer ist am Dienstag mit der deutschen Nationalmannschaft aus Watutinki ausgezogen, um das WM-Quartier bis zum zweiten Gruppenspiel gegen Schweden am Sonnabend (20 Uhr/ARD) in Sotschi aufzuschlagen. Jener Ort, in dem Löw 2017 die meiste Zeit während des Confed-Cups gewohnt hat. Der DFB hat nun wieder dasselbe Hotel wie damals gebucht. Und dieser verlängerte Teamausflug ist ein Kompromiss. Denn nach dem, was man so hört, hätte sich Löw Watutinki gern erspart und für die gesamte WM das „Campo Sotschi“ gegründet. Nationalelfdirektor Oliver Bierhoff soll sich durchgesetzt haben. „Wir freuen uns auf den Tapetenwechsel“, sagte Kapitän Manuel Neuer vor der Abreise.

    „Deutschland ist immer noch die beste Mannschaft der Welt“, sagte Löw am Abend des 2. Juli 2017 im Stadion von St. Petersburg. Eben hatte seine Gelegenheitself aus Talenten (Leon Goretzka, Timo Werner, Niklas Süle) und Spätstartern (Lars Stindl, Sandro Wagner) Chile bezwungen und überraschend den Confed-Cup gewonnen. Dieser Erfolg sei etwas „Historisches“, sagte Löw. Ein Jahr später kehrt der DFB-Tross nun unter anderen Vorzeichen nach Sotschi zurück. Zwar standen mit Werner, Joshua Kimmich, Marvin Plattenhardt und Julian Draxler vier Confed-Cup-Sieger in der Startelf beim 0:1 gegen Mexiko. Aber die Machtzen­trale dieser WM-Mannschaft bilden weiter die Weltmeister, die schon 2010 in Südafrika aufliefen. Mit knapp 28 Jahren im Schnitt war das Team gegen Mexiko das älteste deutsche bei einem WM-Spiel seit dem Finale von 2002.

    Dass Löw die Erneuerungsprozesse, die in Sotschi 2017 angestoßen wurden, nicht konsequent genug fortgeführt hat, könnte das große Narrativ dieser WM werden, sollte es ein frühes Aus geben. Spieler wie Süle und Goretzka hat Löw noch nicht mit vertrauensvollen Aufgaben betraut. Seine Freude von damals lag auch darin begründet, dass er wieder Fußballlehrer sein konnte. Nun, da die Weltmeister etwas welk wirken, ist Löw als Krisenmanager gefragt. Er muss einen Weg aus der Misere finden. Noch nie hat eine Nation, die den Confed-Cup gewann, ein Jahr später den WM-Titel geholt. Es ist also nicht weniger nötig als Historisches.