Moskau.

    Die Sache klang ziemlich gut, als die Funktionäre des Fußball-Weltverbands Fifa 2013 zwecks Korruptions­bekämpfung beschlossen, nicht mehr nur die 22 Angehörigen des Exekutivkomitees abstimmen zu lassen, wenn der Gastgeber für eine Weltmeisterschaft gewählt wird, sondern den Kongress mit seinen 211 Mitgliedern. An diesem Mittwoch entscheiden deshalb die 207 stimmberechtigten Mitglieder (die Bewerber dürfen nicht abstimmen), ob die WM 2026 an Marokko vergeben wird oder an die USA, Kanada und Mexiko, die als „Bid United“ antreten – und für die DFB-Präsident Reinhard Grindel „wegen des neuen Formats mit 48 Teilnehmern“ stimmen wird.

    Trotzdem spielt die Qualität der Bewerbungen eine Nebenrolle. In der technischen Beurteilung liegt „Bid United“ weit vorne, erhielt vier von fünf möglichen Punkten, während Marokko nur mit 2,7 bewertet wurde. Aber es geht um Geld, Politik, gekränkten Stolz, wirtschaftliche Interessen verschiedener Regierungen. Mittendrin: Donald Trump. Obwohl der US-Präsident versprochen hat, sein Einreiseverbot für Staatsbürger verschiedener islamischer Länder während eines Turniers aufzuheben, gibt es keine großen Sympathien für die USA im Nahen und Mittleren Osten. Auch in Europa regt sich Widerstand. Also hat Trump gedroht, dass Nationen, die gegen „Bid United“ votieren, politische und wirtschaftliche Konsequenzen zu fürchten hätten.

    Diese Drohung wäre ein perfekter Grund für eine geheime Wahl. Diese würde die Chancen Marokkos deutlich erhöhen, was wiederum nicht zu den Interessen des Schweizer Fifa-Chefs Gianni Infantino passt, der schon versucht haben soll, die Bewerbung der Marokkaner überhaupt nicht zuzulassen. Nach offiziellen Rechnungen würde ein Weltturnier in Nordamerika dem Verband 14 Milliarden Dollar einbringen, eine WM in Marokko hingegen nur rund die Hälfte. Und die Fifa leidet unter akuter Geldnot.

    Das Sponsoringgeschäft rund um die WM in Russland war ein Misserfolg, zuletzt versuchte Infantino neue Wettbewerbe zu erfinden, in die ein dubioses Investorenkonsortium unter saudischer Führung 25 Milliarden Dollar investieren würde. Infantino, der 2019 im Amt bestätigt werden möchte, braucht dringend volle Kassen, schließlich war er vor allem aufgrund des Versprechens gewählt worden, allen 211 Verbänden ohne Gegenleistung fünf Millionen Dollar pro Vierjahreszyklus zu spendieren.