Moskau. Deutschland-Gegner feierte fröhlichen Abschied von der Heimat ohne Spielerfrauen

    Die Stimmung im Strogino Stadion war prächtig. Knapp zwei Stunden lang gewährte die mexikanische Nationalmannschaft seinen Anhängern eine Audienz. Öffentliches Training nennt sich das einmalige Zusammentreffen zwischen Team und Fans, das die Fifa für jeden WM-Teilnehmer vorschreibt. Und die rund 500 weitgereisten Anhänger, die das bestens versteckte Stadion im Westen von Moskau tatsächlich fanden, waren begeistert. „Viva Mexico!“, schrie ein Fan mit riesigem Sombrero und kleinem WM-Pokal. „Was für eine Partystimmung!“, rief ein enthusiastischer Radioreporter in sein Mikrofon. Ein Schelm, der Böses denkt.

    Bereits am Montagabend war „El Tri“ am Flughafen Moskau-Scheremetjewo angekommen – und hatte gerade noch rechtzeitig die „Affäre Abschiedsparty“ offiziell für beendet erklärt. Der frühere Leverkusen-Stürmer Javier „Chicharito“ Hernández, der beim öffentlichen Training vor allem mit einem fulminanten Lattentreffer aus drei Metern glänzte, war kurz vor dem Abflug in typischer Manier in die Offensive gegangen und hatte online Auskunft erteilt, worüber das ganze Land (und mittlerweile die ganze Welt) seit Tagen spricht und was in Mexiko nur noch als „La Fiesta“ bekannt ist.

    Die Fakten in Kurzform: Am 2. Juni hatte eben jener Chicharito seine Nationalmannschaftskollegen am letzten freien Abend vor dem WM-Trainingslager in Dänemark zu seinem 30. Geburtstag geladen. Und was sich nach einer guten Idee anhört, entpuppte sich schnell als ziemlich schlechte. Denn die Zeitschrift „TV Notas“ spielte den Partyverderber und berichtete ungeniert davon, dass auf besagter Feier in einer Villa in Mexiko-Stadt neben den Fußballern auch jede Menge weiblicher Gäste anwesend waren. 30 Damen, um genau zu sein. Und das Problem an dieser Sache: Es waren eben nicht die Frauen oder Freundinnen der Fußballer.

    Leistungsträger Héctor Herrera hatte Stress nach „La Fiesta“

    „Es gab niemals Escorts!“, versicherte nun Geburtstagskind Chicharito. Es sei nur ein Abendessen gewesen. „Wir wissen, dass wir nichts Schlimmes gemacht haben. Aber wenn sich die Gelegenheit erneut auftun sollte, würden wir das nicht mehr machen.“ Nun denn. Thema im besten Oliver-Bierhoff-Basta-Sinn abgehakt. Und statt unnötig viel über diese mehr oder weniger delikate Feier zu philosophieren, wollten die Mexikaner vor ihrem WM-Auftakt gegen Deutschland (Sonntag, 21 Uhr) sehr viel lieber über eine ganz andere WM-Fiesta sprechen. „Klar kann man gegen Deutschland gewinnen!“, sagte Chicharito. „Ich will Weltmeister werden.“

    Eher wenig weltmeisterlich war allerdings der letzte Härtetest vor dem Duell gegen „La Mannschaft“. 0:2 verlor Mexiko am vergangenen Wochenende gegen Dänemark in Kopenhagen. Und fast noch schlimmer: Der ohnehin wenig geschätzte Nationaltrainer Juan Carlos Osorio musste nicht nur über den verpatzten Härtetest Auskunft geben, sondern auch noch einmal über die verpatzte Abschiedsparty. Denn kurz vor dem Test gegen Dänemark hatten Gerüchte die Runde gemacht, dass Leistungsträger Héctor Herrera nicht zur WM fahren würde. Der angebliche Grund: Familiäre Zwistigkeiten mit der Gattin im Anschluss an die ehefraulose „La Fiesta“.

    Am Dienstag dribbelte Herrera, dessen Gewissen nicht ganz so blütenrein wie dessen weiße Schuhe sein soll, wieder bester Laune über den Trainingsplatz. Hier ein Scherz, dort ein Winken ins Publikum. Nach dem Training kam auch der mexikanische Sänger Maluma aufs Spielfeld und umarmte Herrera. Die nächste Fiesta, das schien die Botschaft, kann am kommenden Sonntag kommen.