Hamburg. Wie kaputt macht Leistungssport? Boris Becker erklärt sein Leben am Limit

    Der letzte Programmpunkt hielt, was sich die vielen, auch nicht sportaffinen Zuhörer versprochen hatten: Deutschlands Tennislegende Boris Becker (50) sprach im Hotel Atlantic über sein Leben am Limit. Gemeint war nicht nur der Leistungssport.

    Eingeladen hatten ihn die Organisatoren der „Zeit Konferenz Gesundheit“, und Becker, obwohl frisch getrennt sowie finanziell angeschlagen, geizte nicht mit unterhaltsamen Einsprengseln, die immer wieder Lacher hervorriefen. So, als er gleich zu Beginn beschrieb, warum auf Twitter zwar ein aktuelles Foto von ihm zu sehen ist, auf dem er scheinbar einen Aufschlag macht. „Aber wenn Sie die Geschwindigkeit und die Laufstrecke in Echtzeit gesehen hätten ...“ Der Menschenfänger Becker brauchte nicht mehr zu sagen. Das Publikum verstand.

    Die paar Schritte hinauf auf das Podium hatte er zuvor zwar einigermaßen problemlos geschafft, doch dass die Tennis-Ikone immer noch weit weg ist von normalem Gehen, war dennoch zu sehen. „Das sind die Narben des Krieges“, sagte er. „Wer in die Schlacht zieht, bekommt etwas ab.“ In seinem Fall unter anderem neue Hüften und ein zu zwei Dritteln versteiftes Sprunggelenk. „Die ersten Schritte am Morgen ins Bad sind sehr interessant. Leistungssport ist definitiv nicht gesund.“

    Ob er denn anders gespielt hätte, wenn ihm klar gewesen wäre, welch hohen Preis er für seinen körperbetonten, aggressiven Stil später zahlen musste, fragte ihn Moderator Christoph Amend, Chefredakteur vom „Zeitmagazin“. Stichwort Beckerhecht am Netz? „Es gab keine Alternativen“, lautete die Antwort. „Wäre ich wie Nadal stundenlang an der Grundlinie entlanggelaufen, hätte ich die Matches verloren.“ Und verlieren, das machte der dreimalige Wimbledonsieger deutlich, habe er nie in seiner DNA gehabt. „Jeder Leistungssportler will immer der Beste sein. Und auf der Suche nach Perfektion muss man seine Grenzen verschieben.“

    Dass das zulasten der Gesundheit gehe, interessiere nicht, wenn man am Limit sei. Erfolg mache süchtig. Damals habe er zum Einschlafen Tabletten genommen, „aber abhängig war ich nie“. Eistonnen, wie sie heute selbstverständlich sind zur Regeneration, habe es bei ihm nicht gegeben. „Aber die Sportmedizin schläft nicht.“ Zum Schluss gab Becker den Jungen noch eine Botschaft mit auf den Weg. „Nach ganz oben kommst du nur, wenn du bereit bist, weiter zu gehen, als du glaubst, gehen zu können.“ Diese Einstellung vermisse er heute. „Die neue Generation verliert die Finals und gilt mit 22 noch als Nachwuchsspieler. Da hatte ich meine dritte sportliche Krise ...“ Und nicht nur die.