Hamburg. Die beiden Hockey-Nationalspielerinnen wollen mit ihren Teams an diesem Wochenende Feldhockeymeister werden.

Wie das immer so ist mit den Topsportlerinnen! Meister wollen sie alle werden, aber Favorit auf den Titel will niemand sein. Lisa Altenburg und Jana Teschke sind da keine Ausnahmen. Die beiden Hockey-Nationalspielerinnen sitzen vor ihren Cappuccini und versuchen zu erklären, warum sie vor der Endrunde um die deutsche Feldmeisterschaft an diesem Wochenende in Krefeld den Druck des Gewinnenmüssens lieber von sich und ihren Teams fernhalten würden. Ganz so einfach ist das nicht, schließlich spielen sie für die zwei besten Mannschaften in Deutschland. Altenburg für Hauptrundensieger Club an der Alster, Teschke für den Uhlenhorster HC, der zuletzt neunmal in Serie im Finale stand und Titelverteidiger ist.

Aber natürlich gibt es für jede Meinung Argumente. „Wir sind nie Meister geworden, wenn wir vorher die Hauptrunde gewonnen haben“, sagt Jana Teschke also, „außerdem hat Alster die Mannschaft mit der individuell höchsten Qualität, die in dieser Saison gezeigt hat, wie stark sie ist.“ Das stimme wohl, antwortet Lisa Altenburg, „aber der UHC hat eine so krasse Erfahrung und eine Abgeklärtheit, die ihnen in Finalspielen sehr hilft. Deshalb sehe ich sie mindestens auf Augenhöhe.“ Und außerdem, da sind sich beide einig: „Die vier Teams, die es nach Krefeld geschafft haben, können alle Meister werden. Es wird darauf ankommen, wer als Team am besten funktioniert.“

Sie funktionieren als Team

Als Team zu funktionieren, das ist grundsätzlich die Domäne des UHC. Cheftrainer Claas Henkel hat es nach dem großen Umbruch des vergangenen Sommers geschafft, um das aus den Nationalspielerinnen Janne Müller-Wieland, Teschke, Eileen Hoffmann und Marie Mävers bestehende Führungsgerüst ein Team zu formen, das als Einheit besticht. „Unser Erfolg basiert auf der funktionierenden Achse und der guten Steuerung von außen. Claas hat sich in den vergangenen zwei Jahren enorm entwickelt, weiß mit allen Spielerinnen umzugehen“, lobt Teschke. Die 27-Jährige hat ihr Lehramtsstudium in Englisch und Sport abgeschlossen und wartet auf einen Referendariatsplatz zum Februar 2019.

Henkels Alster-Pendant Jens George ist dagegen kein Trainer, der von außen viel steuert. „Er ist ein großartiger Analytiker, der uns im Spiel den Freiraum lässt, selber Entscheidungen zu treffen“, sagt Lisa Altenburg. In einer Mannschaft, die aus so vielen dominanten Charakteren besteht wie
Alster, ist ein solches Vorgehen nicht risikolos. „Aber ich sehe es als Stärke, denn so etwas ist für eine Mannschaft eine wichtige Erfahrung, die in engen Spielen helfen kann“, sagt sie. Mit der 28-Jährigen, die Mathe und Deutsch auf Grundschullehramt studiert, könnte man mindestens ebenso gut über den UHC plaudern, schließlich spielte sie acht Jahre am Wesselblek, ehe sie im Sommer 2017 zu Alster wechselte. Ein Abgang, der den „Uhlen“ nicht nur wehtat, weil die Mutter einer fünfjährigen Tochter aktuell mit 17 Toren Toptorschützin der Bundesliga ist.

Halbfinalaufgaben nicht unterschätzen

Die Veränderung sei richtig gewesen, sagt sie, „ich fühle mich bei Alster sehr wohl und freue mich, dass wir so ein tolles Team haben.“ Dennoch habe sie im Europapokal über Pfingsten am Livestream mit ihrem alten Club gefiebert, eine emotionale Verbindung wird immer bleiben, da sie nicht im Groll geschieden war. Und natürlich wäre ein direktes Hamburger Duell im Finale besonders, für beide Seiten. „Alsters Problem war früher, dass sie im Sturm nicht gefährlich genug waren“, sagt Mittelfeldspielerin Teschke, „aber jetzt haben sie Lisa, deshalb sehe ich sie als unseren krassesten Konkurrenten.“

Trotz des Optimismus, am Sonntag ein Hamburger Endspiel erleben zu können, den beide teilen: Ihre Halbfinalaufgaben seien nicht zu unterschätzen. Alster spielt am Sonnabend (11 Uhr) gegen den Düsseldorfer HC, den man im Februar im Endspiel um die deutsche Hallenmeisterschaft im Penaltyschießen schlagen konnte. „Die werden entsprechend heiß auf die Revanche sein. Außerdem liegen sie uns nicht so, weil sie sehr defensiv spielen und stark kontern, was uns mit unserem Offensivdrang nicht entgegenkommt“, sagt Altenburg. Der UHC trifft um 13.30 Uhr auf den Mannheimer HC. Dass man diesen Gegner im Finale 2017 ebenso schlug wie zuletzt in der Bundesliga und im Viertelfinale des Europapokals, das müsse kein gutes Omen sein. „Die werden alles tun, um sich endlich zu revanchieren. Aber wir spielen gern gegen den MHC, weil die mitspielen und auf Augenhöhe sind. Die Spiele sind immer knapp und interessant“, sagt Jana Teschke.

Bunter Strauß an kuriosen Blessuren

Ob nun Alster am Sonntag seinen ersten Feldmeistertitel holt oder der UHC seinen siebten – nach dem Ende der Bundesligasaison werden Teschke und Altenburg wieder in den Farben vereint angreifen. Sollten beide gesund bleiben – was angesichts ihrer Verletzungshistorien mit zwei Kreuzbandrissen (Teschke) und einem bunten Strauß an kuriosen Blessuren (Altenburg) nicht als gegeben angenommen werden darf –, stehen sie im Kader der deutschen Damen für die WM in London (21. Juli bis 5. August). Dort trifft die Auswahl von Bundestrainer Xavier Reckinger in der Vorrunde auf Argentinien, Spanien und Außenseiter Südafrika. Würden Lisa Altenburg und Jana Teschke auch vor den Welttitelkämpfen tiefstapeln, wäre das allerdings kein Understatement: Topfavorit sind die Niederlande...