MaDrid. Zinédine Zidane schockt Real Madrid mit Rücktritt als Cheftrainer – und lässt Fans und Medien ratlos zurück

    Zinédine Zidane war immer ein Künstler. Als Spieler sowieso, aber auch als Trainer gelang es dem französischen Weltmeister von 1998 stets, einen Rest von Mysterium zu bewahren. Sein fulminanter Abgang von Real Madrid brachte das Werk am Donnerstag insofern zu einem würdigen Abschluss. Zidane erklärte vieles zu einem Rücktritt, der einen ganzen Verein so überrascht und geschockt zurückließ wie Präsident Florentino Pérez bei der mittäglichen Verkündung neben ihm. Aber manches sagte er auch nicht. Vor allem den Zeitpunkt seiner Entscheidung wollte er nicht verraten, und so begannen sich Fans und Medien bald zu fragen, ob da einer nicht einfach rechtzeitig ein schlingerndes Schiff verlässt.

    Seine persönlichen Gründe legte Zidane so direkt und uneitel dar, wie seine Arbeit in den vergangenen zweieinhalb Jahren gewesen war. „Die Mannschaft braucht Veränderung, eine neue Ansprache und Arbeitsmethode“, sagte er. „Ich sah es nicht als klar an, dass wir weiter gewinnen würden. Wenn ich dieses Gefühl habe, dann gehe ich und gebe nicht anderen die Schuld.“ Wann hat man das einen Trainer sagen hören? Geschweige denn einen, der gerade als Erster überhaupt den wichtigsten Vereinswettbewerb, die Champions League, zum dritten Mal in Serie gewann.

    Oder ist es gar nicht der Wichtigste? Als besten Moment seines mit neun Titeln so unverschämt erfolgreichen Trainereinstiegs nannte der 45-Jährige die spanische Meisterschaft vergangene Saison. Als schwersten das Pokalaus dieses Jahr gegen Außenseiter Leganés. Zidane pulverisierte damit quasi die Geschichtsschreibung des eigenen Vereins, der seit Jahren mehr Europapokale als heimische Titel gewinnt und diese Saison mit 17 Punkten Rückstand in der Liga beendete. Es war einer der Momente, als Pérez neben ihm besonders bedröppelt dreinschaute und mit einer Hand auf die andere schlug.

    Ein anderer war, als Zidane betonte, dass er nicht generell ausgebrannt sei. „Es ist einfach nur der richtige Zeitpunkt, hier zu gehen“, sagte er. „Ich liebe diesen Club und möchte im Guten aufhören“. In solchen Passagen erinnerte vieles an den Abschied von Pep Guardiola, mit dem Zidane wegen der paranormalen Bedeutung als ehemaliger Spieler, Trainer und intuitiver Kenner seines Vereins bisweilen verglichen wurde. Guardiola hatte sich damals aus Barcelona mit den Worten verabschiedet, er nehme seinen Hut, „bevor wir uns gegenseitig wehtun können“.

    Womöglich braucht die Mannschaft, deren Superstars Cristiano Ronaldo und Gareth Bale nach dem 3:1-Finaltriumph über den FC Liverpool offen mit ihrem Abschied liebäugelten, tatsächlich einen neuen Impuls. In den vergangenen Jahren changierte Pérez zwischen den Typen Konzeptfetischist (José Mourinho, Rafael Benítez) und Spielerversteher (Carlo Ancelotti, Zidane). Allenfalls der Italiener Antonio Conte, so er bei Chelsea tatsächlich vor dem Aus steht, passt in ersteres Muster, das jetzt wieder an der Reihe wäre. Tauchen keine überraschenden Ausstiegsklauseln auf, sind ansonsten alle Spitzenkräfte vom Markt.

    Zidane fügte seiner Abschiedsrede einen seiner Lieblingssätze an: „No pasa nada“ – alles nicht so schlimm. Damit hatte er stets alle Hysterien dieses Megaclubs entdramatisiert. Künftig muss das jemand anders tun, und Trost gab es für Real Madrid am Donnerstag sowieso keinen.