Hamburg. Der Hamburger SV hat wichtige Entscheidungen für seine sportliche Zukunft getroffen.Bernd Hoffmann wird wieder Vorstandschef, Kiels Ralf Becker derneue Sportchef. Doch intern droht schon wieder neuer Ärger

    Am Montagabend wird Bernd Hoffmann seinen Pflichten als HSV-Präsident nachkommen. In Norderstedt eröffnet der 55-Jährige um 18 Uhr gemeinsam mit den e.-V.-Verantwortlichen das neue Beachvolleyballzentrum. „Ich glaube, dass sich die Mitglieder aus den Amateursportarten wundern werden“, hatte Hoffmann bereits am 18. Februar nach der Wahl über seine geplante Arbeitsaufteilung als Präsident gesagt. Er sei ein Präsident, der sich nicht nur um die Angelegenheiten der HSV Fußball AG kümmern wolle.

    Drei Monate später gestaltet sich Hoffmanns Arbeitsaufteilung ganz anders als im Februar angekündigt. Der Montag beginnt für ihn zunächst in seiner neuen Funktion als Vorstandsvorsitzender des HSV. Dann wird Hoffmann dabei sein, wenn im Volksparkstadion ein weiterer Vorstand präsentiert wird: Ralf Becker. Der neue Sportvorstand. Der 47-Jährige wechselt von Holstein Kiel zum HSV. Finanzchef Frank Wettstein hat auf einen Schlag zwei neue Vorstandskollegen an seiner Seite. Die Suche nach den neuen Bossen ist damit abgeschlossen. Doch viele Fragen sind noch offen. Aber der Reihe nach.

    Am späten Sonnabend wurde der Präsident und bisherige Aufsichtsratschef Bernd Hoffmann auf einer Sitzung des Kontrollgremiums wie erwartet in den Vorstand delegiert, um zunächst für maximal ein Jahr das Amt des Vorstandsvorsitzenden zu übernehmen. Anfang der Woche war bekannt geworden, dass Hoffmann von Mitgliedern des sechsköpfigen Gremiums gebeten worden war, die Position zu übernehmen, die er von 2003 bis 2011 innehatte. Paragraf 105, Absatz zwei im Deutschen Aktiengesetz, macht das möglich.

    Um sicher zu sein, dass der Wechsel Hoffmanns vom Aufsichtsrat in den Vorstand auch wasserdicht ist, hatte der Aufsichtsrat nach Abendblatt-Informationen zwei Gutachten erstellen lassen; ein formaljuristisches sowie ein steuerrechtliches. Zudem nahm mit Julius Becker auch der hauseigene Justiziar an der Sitzung des Gremiums teil. Am späten Sonnabend kam es schließlich zu der Entscheidung: Alle Macht für Bernd Hoffmann, der jetzt die Ämter des Präsidenten und des Vorstandschefs vereint, sein Amt im Aufsichtsrat aber ruhen lassen muss.

    „Wir brauchen in der aktuellen Situation unseres Clubs im Vorstand größtmögliche Schlagkraft mit Fachkenntnis und Managementqualität“, sagte der stellvertretene Aufsichtsratschef Max-Arnold Köttgen, der nun kommissarisch Hoffmanns Aufgaben übernimmt. „Bernd Hoffmann erfüllt diese Anforderungen zu 100 Prozent und wird gemeinsam mit Frank Wettstein ein sehr gutes Team bilden.“

    Dass es auf der mit Spannung erwarteten Aufsichtsratssitzung trotzdem hoch herging, lag an zwei Dingen. Zum einen soll sich der ehemalige Kontrollchef Michael Krall in einem mehrminütigen Vortrag dafür starkgemacht haben, Hoffmann nicht in den Vorstand zu entsenden. Am Ende entschieden sich die weiteren Räte (Andreas Peters, Marcell Jansen, Felix Goedhardt und Köttgen) aber klar für Hoffmann.

    Und dann war da noch die Abstimmung über den neuen Sportvorstand. Dass sich mit Becker der zu Wochen­beginn als Favorit gehandelte Kandidat durchsetzte, war am Ende gar nicht so klar wie zunächst angenommen. Mit Markus Krösche vom SC Paderborn schien zwischenzeitlich der Kandidat Nummer zwei die Nase vorne gehabt zu haben. Bei einer Probeabstimmung vor dem Gipfel am Sonnabend soll der 37-Jährige vier von sechs Stimmen bei einer Enthaltung erhalten haben.

    Dass es aber doch Becker wurde, lag vor allem daran, dass Paderborn für Krösche eine überhöhte Ablöseforderung aufrief. Der langjährige Präsident Wilfried Finke, der gerade erst zurückgetreten ist, im Hintergrund aber noch die Geschicke des Clubs leitet, wollte Krösche auf keinen Fall ziehen lassen und soll vom HSV mindestens 2,5 Millionen Euro gefordert haben. Hoffmann soll aber lediglich eine halbe Million zugesagt bekommen haben, um einen neuen Sportvorstand zu finden. Diese Summe soll nun wiederum locker reichen, um Becker aus Kiel loszueisen. Der Manager hat dort zwar noch einen Vertrag bis 2019. Seinen Abschied hatte er intern bereits nach der Relegationspleite gegen Wolfsburg bekannt gegeben.

    Eine der ersten Amtshandlungen Beckers beim HSV dürfte ihn zu Bernhard Peters führen. Becker hatte schon bei seiner Präsentation im Kontroll­gremium klargemacht, dass er sich eine Zusammenarbeit mit dem Direktor Sport und Nachwuchschef Peters nur schwer vorstellen könne. Hintergrund war nicht nur das Abendblatt-Interview, in dem Peters Ambitionen auf den Vorstandsposten geäußert hatte.

    Becker und Peters sollen sich schon vor mehreren Jahren in die Haare bekommen haben, als sich die beiden in ihren Funktionen als Nachwuchsleiter in Hoffenheim (Peters) und Chefscout in Stuttgart (Becker) um die besten Talente stritten. Der Aufsichtsrat des HSV, der die Arbeit von Peters schätzt, soll Becker nun aber deutlich gemacht haben, dass er sich mit Peters an einen Tisch setzen muss. Ausgang offen.