Monte Carlo. Die Formel 1 fährt in Monaco. Red Bull feiert den 250. Grand Prix – und glaubt bei dem legendären Stadtkurs an den Sieg.

Der Große Preis von Monaco also. Jener Stadtkurs, bei dem Fürst Albert in seiner amtlichen Mittagspause herunterkommt vom ehemaligen Piratenfelsen. Dort, wo die Grimaldis seit Jahrhunderten ihren adeligen Amtssitz haben. Am Sonntag nach dem Formel-1-Rennen (15.10 Uhr, RTL live) wird er den Sieger-Pokal überreichen.

Monte Carlo ist einmalig in der Rennsaison, auch einmalig teuer. Nirgendwo sonst auf der Welt geht es bei einem Grand Prix so exklusiv zu. Deshalb an dieser Stelle eine persönliche Anmerkung: Der Reporter feiert in diesem Jahr Jubiläum, zum 25. Mal darf er dabei sein. Hat sich hochgedient aus dem ersten Pressesaal, der in einer Tiefgarage untergebracht war. Niveau minus drei. Heute residiert er in einem Lagerschuppen über einem Lokal, dessen Programm Stars & Bars sind. Der Blick hinauf den Hang zu den klotzigen Bausünden in Terrakotta souffliert den permanenten Gewissenskonflikt im Steuerparadies: Schminke oder Leidenschaft?

Schwimmendes Mannschaftsquartier

Der Party-Prachtbau von Red Bull hat natürlich wieder im Port Hercule angelegt. Im zentralen Yachthafen von Monaco empfängt das Formel-1-Team von Daniel Ricciardo und Max Verstappen seine Gäste auf einem schwimmenden Mannschaftsquartier. Die Stars und Sternchen im Fürstentum können vom Pool oder Sonnendeck aus den Blick auf die sündhaft teuren Yachten im Hafenbecken nahe der Zielgerade genießen. Dort soll am Sonntag auch die große Party von Red Bull starten. Der 250. Grand Prix von Sebastian Vettels früherem Rennstall wäre ein perfekter Zeitpunkt zum Siegen.

Dass die Zeit Spuren hinterlassen hat, lässt sich vielleicht am besten an Christian Horner beobachten. Seit der ersten Saison des Rennstalls 2005 ist er Teamchef. Das dichte braune Haar des Briten ist an einigen Stellen angegraut. Verheiratet ist Horner mittlerweile mit dem früheren „Spice Girl“, Popstar Geri Halliwell.

Horner musste eine Wettschuld einlösen

Eine Neuauflage seines Auftritts in Monaco 2006 lässt sich nur schwer vorstellen. Damals holte David Coulthard als Dritter den ersten Podestplatz für Red Bull. Horner musste eine Wettschuld einlösen und sprang nur mit einem Supermanumhang bekleidet in den Pool auf dem Team-Tempel.

„Die Zeit war extrem schön, ich habe sie sehr genossen. Man bereut nichts, wenn man zurückschaut“, sagte Vettel, der 2009 in China Red Bull den ersten Grand-Prix-Sieg bescherte. „Rückblickend war es der Auftakt für etwas ganz Großes.“ Von 2010 an holte Red Bull, das der österreichische Getränke-Milliardär Dietrich Mateschitz von Jaguar übernommen hatte, mit Vettel vier Fahrer- und vier Konstrukteurtitel in Serie.

Das alles liegt fünf Jahre zurück. Vettel fährt längst für Ferrari, und Red Bull setzt auf andere Piloten. Ricciardo und Verstappen zeigten mit Platz eins und zwei in den ersten beiden Trainingseinheiten, dass ein Sieg in Monaco möglich ist. „Das war ein guter Start“, sagte Ricciardo. „Ich bin mir sicher, dass in der Qualifikation am Sonnabend Ferrari und Mercedes Druck aufbauen.“

Unvergleichlicher Adrenalinkick

Am Fuße des Fürstenpalastes auf dem ehemaligen Piratenfelsen interessieren solche Aussagen manch einen Besucher nur wenig. Fans schwärmen vielleicht vom Formel-1-Mythos Monaco, der durchgehend seit 1955 ein unvergleichlicher Adrenalinkick für die Fahrer ist. Alberto Ascari stürzte damals in seinem Lancia ins Hafenbecken; Ayrton Senna errang 1988 die Poleposition mit der vielleicht perfektesten Formel-1-Runde, die je gedreht wurde.

Für manche Besucher ist das uninteressant. Sie wollen vielmehr dem Glamour nachspüren, die Schönen und Reichen inmitten dieser Betonblöcke erspähen, für kurze Zeit Teil von zügellosen Partys sein. Hollywood-Schauspieler wie Michael Fassbender oder Models wie Barbara Palvin besuchen das Event – auch wenn die Dichte an globaler Prominenz über die Jahre schon mal größer war. Der Glamour hat jedoch auch andere Seiten. Da bräunen sich auf den Yachten verlebte Möchtegernmodels, schräge Paradiesvögel fallen durch schlechte Manieren und erhöhte Alkoholpegel auf. Ästhetisch ist das nicht.

„Wenn man es sich aussuchen kann, will man Weltmeister werden und gleich dahinter Monaco gewinnen“, sagte der zweimalige Gewinner Sebastian Vettel, dessen Ferrari zumindest im Training noch nicht perfekt lief. Sein Fazit in Richtung Glamour und Luxus: „Es ist nicht mein Ort zum Leben und Verweilen.“

Hässlichkeit entsteht im Auge des Betrachters. Man kann eine Menge Gründe anführen, den Auftrieb in Monte Carlo nicht zu mögen. Deshalb muss man herkommen. Und wiederkommen.

Wie der Reporter. Immer wieder.