Rom. Der 21-Jährige kassiert beim Finale in Rom seine fünfte Niederlage gegen den spanischen Sandplatzkönig. Doch der Hamburger zeigt Champions-Qualitäten und ist bei den French Open an Nummer zwei gesetzt – hinter Nadal

    Es gab an diesem langen Pfingstwochenende auch einen bemerkenswerten deutschen Tennis-Sieg. Es war allerdings nicht wie vielleicht erwartet der nächste Triumph des Alexander Zverev, sondern dem 17-jährigen Rudi Molleker gelang dieser Erfolg. Molleker, einer aus der übernächsten Generation, gewann sein erstes Challenger-Turnier, einen sehr gut besetzten Wettbewerb in Heilbronn. In der schnelllebigen Tennisbranche gilt der Nachwuchsspieler aus dem brandenburgischen Oranienburg als ein Versprechen auf die Zukunft.

    Der andere deutsche Spieler, wiewohl nur vier Jahre älter als Molleker und immer noch sehr jung als Professional, verpasste dagegen in Rom einen denkwürdigen Triumph: Alexander Zverev, der 21-jährige Hamburger, der zurzeit so stark wie nie zuvor in seiner brillanten Karriere aufspielt. Momentan müssen schon die Allerbesten antreten, um diesen Zverev in Bedrängnis zu bringen oder ihn gar zu schlagen.

    Eine Regenunterbrechung im dritten Satz stoppte Zverev

    Nach einer wilden Achterbahnfahrt schien er im Masters-Endspiel auf dem Campo Centrale drauf und dran, zum ersten Mal den mächtigen Sandplatzkönig Rafael Nadal in die Knie zu zwingen. 3:1 führte er im dritten Satz. Doch dann zogen finstere Regenwolken über dem Foro Italico auf, die Partie wurde für eine knappe Stunde unterbrochen. Und als es weiterging, gewann Nadal alle weiteren Spiele zum 6:1, 1:6, 6:3-Titelgewinn und zum Sprung zurück auf Platz eins der Weltrangliste. „Du spielst ein großes Jahr. Du hast eine gewaltige Zukunft vor dir“, sagte Nadal, der Champion, danach zu Zverev. Nadal sagt solche Dinge nicht, um nett zu sein. Er meint es ernst.

    Nadal, inzwischen auch der achtmalige Sieger in Rom, muss Zverev als einen der wenigen Rivalen fürchten, die ihm bei den Grand-Slam-Festspielen ab dem kommenden Wochenende in Paris Schwierigkeiten bereiten, ihn vielleicht sogar schlagen können. Im römischen Finale holte der Deutsche zwischenzeitlich einmal neun von elf Spielen gegen den Meister aller Klassen auf Sand, keiner brachte den bulligen Mallorquiner in einem Ascheplatzfinale seit 2016 in vergleichbare Probleme wie Zverev bei diesen Italienischen Meisterschaften.

    „Gegen Rafa musst du halt bis zum letzten Punkt das Maximum herausholen. Das habe ich dann nicht geschafft“, sagte Zverev anschließend. Aber als Scheitern war dieser Fehlschlag nicht zu begreifen, sein Turnierauftritt fügte sich alles in allem in eine großartige Saison auf Sand ein. München gewonnen, Madrid gewonnen, in Rom nur Nadal unterlegen, dem Besten aller Zeiten in dieser Tennis-Spezialdisziplin – es war der stärkste Lauf, den ein deutscher Profi überhaupt in diesem Jahrtausend hatte. Nur zum Vergleich: Tommy Haas gewann in seiner Karriere ein Masters-Turnier, Zverev hat schon drei dieser Pokale erobert. Fünf Masters-Turniere wurden 2018 bisher gespielt, Zverev erreichte allein dreimal das Finale. Kein Wunder, dass einer wie der amerikanische Davis-Cup-Kapitän Jim Courier sagt: „Wenn er nicht sehr viel falsch macht, ist er bald die Nummer eins.“

    Zverevs Spiel, seine Karriere überhaupt hat in diesem Jahr noch einmal eine Evolution erlebt. Er spielte in den vergangenen, mit Matches nur so vollgepackten Wochen auf einem konstant hohen Niveau. Wieder und wieder gewann er Partien gegen Konkurrenten aus den Top 10 oder Top 20. Und Zverev veredelt seine Power aktuell durch bessere Präzision, beim Aufschlag sowieso. Aber auch in den langen, zermürbenden Grundlinienduellen. Warum also soll sich Zverev kleinmachen, jetzt, wo er die ewigen Lobreden aus den vergangenen Jahren mit Substanz unterlegt, mit Ergebnissen.

    Er sehe sich als einen von fünf Spielern, die Nadal schlagen könnten an einem guten Tag, sagt Zverev. Damit hat er recht, auch wenn er nun fünf von fünf Matches gegen den Spanier verloren hat. Für viele Profis ist ein Duell mit Nadal aussichtslos, sie verfügen nicht über Kraft, Konstitution und Technik, die es dazu braucht. Aber Zverev gehört nicht zu ihnen. Er schaffte es auch, in Rom ein seltenes Bild zu erzeugen, einen ratlosen Nadal. Im zweiten Satz war der Spanier kurz davor, vor Wut sein Racket zu zertrümmern.

    Alexander Zverev hat sich auf den herausragenden Grand-Slam-Schauplätzen noch Raum zur Steigerung gelassen, zu viel Raum sogar, selbst wenn man seine gerade erst beginnende Karriere berücksichtigt. Bislang ist seine Bilanz bei den vier größten Turnieren weltweit überschaubar, ein Achtelfinale 2017 in Wimbledon ist sein bestes Resultat. Enttäuschungen erlebte er dagegen in Melbourne, New York und auch Paris. Das Spiel über drei Gewinnsätze ist die letzte körperliche und mentale Herausforderung, die der 21-Jährige noch nicht gemeistert hat.

    Jetzt braucht er einen Turnierauftritt, der ihm Selbstbewusstsein gibt, Zweifel verscheucht. Man hätte immer gedacht, dass er diesen Durchbruch auf den schnellen Hartplätzen schafft, bei den US Open etwa. Vielleicht auf Rasen in Wimbledon. Aber nun kann es auch in Paris bei den French Open etwas werden für ihn. Die Plätze dort sind eigentlich auch Hartplätze, nur mit ein bisschen Sand obendrauf. Bei warmer Witterung hat ein starker Aufschläger wie der Deutsche Vorteile.

    Eins hat Zverev schon mal geschafft durch die imponierenden Leistungen der vergangenen Wochen: Er hat seinen Weltranglistenplatz drei verteidigt. Und: In Abwesenheit von Sandmuffel Roger Federer ist er in Roland Garros an Position zwei gesetzt, kann also erst im Finale wieder auf Nadal treffen. „Früher muss ich ihn auch nicht wiedersehen“, sagte er in Rom. Dann würde es ja passen.