Hamburg. Nach langer Anlaufzeit stehen die NTSV-Fußballer am Montag im Finale des Oddset-Pokals. Wegen Erfolglosigkeit wollte Trainer Farhadi fast aufgeben

    Der Frust war groß. Mit 1:4 hatte der Niendorfer TSV am Karsamstag 2016 im Oberliga-Abstiegskampf beim Meiendorfer SV verloren. Trainer Ali Farhadi (43) war sauer.

    Einige Spieler seien „mit dem Kopf ganz woanders“, es bestünden „zwischen Absender und Empfänger von Botschaften viele Störungen“ kritisierte er, warf Linksaußen Ebenezer Utz wegen „der Summe seiner Fehltritte“ aus dem Kader und dachte laut über ein Dienstzeitende nach: „Vielleicht muss sich der Verein einen anderen Trainer suchen.“ Knapp siebzehn Monate nach Amtsantritt im November 2014 schien alles vorbei zu sein, obwohl die Niendorfer dann doch die Klasse hielten.

    786 Tage nach der Schmach von Meiendorf ist der gebürtige Iraner nur einen Sieg davon entfernt, die beste Saison der Vereinsgeschichte mit dem Sieg im Oddset-Pokal zu krönen. In der Oberliga ist der starke vierte Rang (68 Punkte) sicher, im Pokal besiegte der NTSV zwei Regionalligisten (Norderstedt, Altona) und zwei Oberligisten (Türkiye, Wedel) – und fordert nun im Endspiel am Pfingstmontag um 12.30 Uhr (ARD live) im Stadion Hoheluft den Abo-Meister Dassendorf, zuletzt fünf Titel in Serie, heraus. Es winkt die Qualifikation für den DFB-Pokal mit einem Proficlub als Gegner in der Hauptrunde. Plus 115.000 Euro Antrittsgeld. „Natürlich ist das ein Traum, jetzt im Finale zu sein. Dafür möchte ich mich beim Verein bedanken, der in allen schwierigen Phasen zu mir stand“, sagt Farhadi.

    Was Manager Carsten Wittiber (48) bestätigt: „Wir sind nicht der Verein, der sich schnell von einem Trainer trennt, wenn die gesteckten Ziele mal nicht erreicht werden.“ So durfte Farhadi nach Rang acht in der Saison 2014/15 (50 Punkte) erst Zwölfter (46 Punkte) und dann Vierzehnter (40 Punkte) werden, ohne dass die Verantwortlichen den Glauben an ihn verloren. Den Lohn ernten sie jetzt. Ihr Trainer entwickelte im ruhigen Umfeld am Sachsenweg eine Reihe von Akteuren wie Außenbahnspieler Pascal Ehrenberg oder das Innenverteidiger-Pärchen Tim Krüger und Fynn Huneke entscheidend weiter. Das führte in dieser Saison zur Leistungsexplosion. Die vielen aus der exzellenten Jugendarbeit hervorgegangenen Talente – geführt von alten Hasen wie Torwart Marcel Kindler, Sechser Marvin Karow und Kapitän und Innenverteidiger Adam Benn – hatten genug Lehrgeld gezahlt, sich an die Oberliga gewöhnt. Seit dem ersten Spieltag tritt der Niendorfer TSV in dieser Saison als spielfreudige und geschlossene Einheit auf.

    Mit einem Trainer, der ebenfalls eine erstaunliche Entwicklung hinter sich hat. Farhadi spielte – erst beim USC Paloma, dann beim Niendorfer TSV – lange Zeit in der Öffentlichkeit nur die zweite Geige als Assistent von Frank Hüllmann. Stets loyal wirkte er wie ein ewiger Co-Trainer. „Frank und Ali haben elf Jahre zusammengearbeitet. Doch Ali war nie nur sein Hütchenaufsteller“, sagt Wittiber. Daher entschied sich der Verein im November 2014 nach Hüllmanns Rückzug für die Nummer zwei als Nachfolger. „Ich werde Frank Hüllmann mein Leben lang dankbar sein für das, was er mir beigebracht hat. Entscheidungen zu treffen und sie konsequent, ehrlich und transparent umzusetzen“, sagt Farhadi, im Hauptberuf Großhandelskaufmann.

    Bis heute stehen beide in regem Austausch, sind gute Freunde. Aus dem Schatten seines Mentors hinausgetreten ist Farhadi dennoch schon lange. So kritisiert er – bei Hüllmann verpönt – Spieler manchmal sogar öffentlich und sehr deutlich. Zuletzt bescheinigte er beim 3:3 gegen Türkiye seinem Sturmduo Ante Kutschke und Magnus Hartwig mangelnde Körpersprache. „Keiner hat Welpenschutz. Wenn eine schlechte Leistung so offensichtlich ist, gehört öffentliche Kritik dazu“, findet Farhadi. Manager Wittiber stützt das Vorgehen. „Ich schlucke manchmal bei dem, was Ali in den Medien sagt. Aber die Jungs können damit umgehen“, sagt er. „Ali ist ja andererseits der väterliche Typ, der die Spieler in den Arm nimmt.“

    Nun wollen Trainer, Manager und Spieler den ganz großen Coup landen. „Dassendorf ist der Favorit. Aber wir werden unsere Chance suchen. Es wird spannend“, sagt Farhadi zuversichtlich. Vielleicht lassen ihn seine Spieler nach dem Abpfiff ja hochleben. Der Mann, der mit seinem Trainerlatein am Ende schien, wäre mit dem Pokalsieg auf dem Gipfel angekommen.