Lyon. Europa League Wechsel des Atlético-Stars zum FC Barcelona rückt näher

    Es war schon ein lustiger Anblick, wie sie da spät in der Nacht nebeneinander saßen: Atlético Madrids Trainer und Hohepriester Diego Pablo Simeone, die schlanke Figur stets formbetont im schwarzen Anzug, und sein doppelt so fülliger Assistent Germán Burgos mit Vollbart, langen Haaren und Funktionsklamotten, irgendwo zwischen Rocker und Rentnertourist. Burgos hatte den wegen Schiedsrichterbeleidigung gesperrten Simeone bei Atléticos Europa-League-Triumph über Olympique Marseille auf der Trainerbank vertreten. Aber die Einordnung des Geschehens, die übernahm dann natürlich wieder der Chef.

    Überhöhungen kann im Weltfußball keiner so gut wie Simeone, und diese braucht es wohl auch, um eine prominente Mannschaft über so viele Jahre zu schmucklosem Malocherfußball zu animieren. 2012 eröffnete der Argentinier die Renaissance des Madrider Volksclubs mit dem Gewinn der Europa League, nach einer spanischen Meisterschaft (2014) sowie zwei dramatisch verlorenen Champions-League-Finals gegen Stadtnachbar Real (2014, 2016) ist man durch das souveräne 3:0 in Lyon wieder beim selben Pokal angelangt.

    Im Groupama Stadium wurde man das Gefühl nicht los, die zumeist lang gedienten Atlético-Profis hätten bei jedem Kuss auf die Trophäe an jene andere Braut gedacht, die sie eigentlich längst heiraten wollten. Tatsächlich bot die Europa League kaum echte Gegner für den Zweiten der Uefa-Clubrangliste. Schon vor dem Finale diskutierte man mehr darüber, wer die Trophäe in Empfang nehmen sollte: Gabi oder die scheidende Vereinsikone Fernando Torres.

    Dass Torres überhaupt mittun durfte, hatte er indes dem Doppeltorschützen Antoine Griezmann zu verdanken. Während die Mitspieler in der 89. Minute das 3:0 durch Gabi feierten, lief der Franzose zur Ersatzbank und forderte Burgos auf: „Bring Torres!“ Der Superstar bewies ein Gespür für die Situation.

    Griezmann selbst steht vor dem Absprung zum FC Barcelona, daran hat auch der erste wichtige Titel seiner Karriere nichts geändert. Als er später seine Trophäe für den Mann des Spiels fein säuberlich wie ein Auftragskiller seine Waffe im zugehörigen Koffer verstaut hatte, vermied er jedes Bekenntnis: „Jetzt ist nicht der Moment, über die Zukunft zu sprechen.“ Womöglich wird erst zum 1. Juli, wenn seine Ausstiegsklausel von 200 Millionen Euro auf 100 Millionen sinkt, Klarheit herrschen.

    So lange kann Atlético noch mit allen Mitteln versuchen, ihn umzustimmen. Mit dem Faktor Simeone – „er hat mich unter die Top drei der Welt gebracht“, räumte Griezmann ein. Mit harter Währung – das jüngste Angebot soll bei 20 Millionen Euro Nettojahresgehalt liegen. Mit dramatischen Appellen wie von Geschäftsführer Miguel Ángel Gil Marín: „Griezmann muss sich entscheiden, ob er hier Geschichte schreiben oder anderswo einer unter vielen sein will.“