Berlin. Eintracht Frankfurts Manager Fredi Bobic spricht über das DFB-Pokalfinale und den Videobeweis

    Vor dem Endspiel im DFB-Pokal zwischen Eintracht Frankfurt und Bayern München (Sonnabend, 20 Uhr, ARD und Sky) spricht Fredi Bobic, Vorstand Sport in Frankfurt, über die Chancen des Underdogs, aber auch über den Rücktritt von Sandro Wagner und die Lehren aus dem Videobeweis.

    Wie viel ­Verständnis hat der ehemalige Nationalstürmer Fredi Bobic für den Rücktritt von Sandro Wagner aus der Nationalelf?

    Fredi Bobic: Ich halte Sandro Wagner für einen sehr guten Stürmer, der eine starke zweite Hälfte seiner Karriere hinlegt. Aber ich hätte Sandro gewünscht, dass er noch ein paar Tage darüber geschlafen hätte, ehe er sich äußert. Ich finde es nachvollziehbar, dass Joachim Löw Mario Gomez mitnimmt. Klar sind solche Entscheidungen für den Spieler hart. Aber mit 30 Jahren hätte Sandro noch einige Länderspiele spielen und das eine oder andere Turnier mitnehmen können. Deshalb verstehe ich nicht, dass er sagt: Ich spiele nie wieder für Deutschland.

    Was trauen Sie der deutschen Mannschaft bei der WM in Russland zu?

    Als Weltmeister ist es das Ziel, den Titel zu verteidigen. Joachim Löw hat so viel Erfahrung, der Kader ist stark – das Halbfinale ist drin. Für den ganz großen Wurf braucht es bei einem Turnier immer auch ein Quäntchen Glück.

    Just vor dem Pokalfinale hat die Eintracht als Trainer für die neue Saison den Österreicher Adi Hütter verpflichtet. Konnte Frankfurt von dem Zeitvorsprung profitieren, die der FC Bayern der Eintracht verschafft hat, indem der Wechsel von ­Niko Kovac im April bekannt wurde?

    Als Verein ist ein Trainer-Scouting ein fortlaufender Prozess, auch wenn man einen Trainer hat. Wer ist auf dem Markt, wer fällt einem auf? Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem man die Informationen braucht. Adi Hütter hatten wir schon lange im Auge. Er war in Österreich Meister mit RB Salzburg, mit Young Boys Bern in der Schweiz.

    Beim Pokalfinale kreuzen sich Ihre Wege mit Uli Hoeneß: Wie muss man sich die Atmosphäre vorstellen, nachdem Sie den Bayern schlechten Stil vorgeworfen hatten und nachdem Hoeneß geantwortet hatte: „Wir haben mit unserer Kritik ­Fredi Bobic zur Räson gebracht“?

    Wir begegnen uns, etwa beim offiziellen Bankett am heutigen Freitag. Für mich ist der Vorgang abgeschlossen. Ich habe als Vertreter von Eintracht Frankfurt einiges klargestellt. Die Reaktion von den Bayern kam, die Gegenreaktion auch. Das ist erledigt.

    Selbst Bundestrainer Löw, eigentlich zur Neutralität verpflichtet, sagte über das
    Finale, dass die Bayern „sehr wahrscheinlich gewinnen werden“. Wurmt das?

    Nein. Es ist doch normal. Wir wissen, dass wir der Underdog sind. Das waren wir vergangenes Jahr auch. Und haben bis zur letzten Sekunde Borussia Dortmund einen heroischen Kampf geliefert. Warum soll es uns dieses Jahr nicht gelingen, die entscheidenden Momente auf unserer Seite zu haben?

    Beide Trainer stehen im Fokus. Es ist das letzte Spiel für Jupp Heynckes und auch für Niko Kovac als Eintracht-Trainer. Wie sehr hat sich das Verhältnis Bobic/
    Kovac verändert durch die ­Ereignisse?

    Jeder fragt mich jetzt, was kaputtgegangen ist zwischen Niko Kovac und mir. Das Verhältnis ist absolut in Ordnung. Wir kennen und schätzen uns. Wir haben sehr offene Worte, wenn wir diskutieren, auch wegen des Wechsels. Es gab da von beiden Seiten klare Meinungen. Aber das besprechen wir intern. Da steht aber nichts Persönliches zwischen uns. Wir beide wissen, wie Fußball funktioniert. Ja, es gibt Situationen, die für den einen oder anderen Beteiligten nicht so schön sind. Wir haben da eine gesunde Streitkultur.

    Trotzdem hat der Manager geahnt: Wird so eine brisante Personalie öffentlich, dass der Trainer zum FC Bayern wechselt, kann das Eintracht Frankfurt, die nach 29 Spieltagen auf Rang fünf lag, um die Früchte der ganzen Saison bringen. Resultat: Vier Niederlagen in den letzten fünf Bundesligaspielen.

    Natürlich war mir das klar. Deshalb habe ich das öffentlich angesprochen: Das Problem war weniger, dass Niko Kovac uns verlässt, sondern der Zeitpunkt der Veröffentlichung. Das hat mir nicht gefallen. Wir hatten schwere Gegner, gegen Leverkusen, Bayern und Schalke kannst du verlieren. Das einzige, was wir nicht erwartet hatten, war das 0:3 zu Hause gegen Hertha BSC.

    Das Pokalfinale wird mit Videobeweis gespielt. Macht der Videobeweis den Fußball denn nun gerechter oder nicht?

    Ich war ein großer Befürworter des
    Videobeweises und bin es eigentlich immer noch, aber meine Einschätzung schwankt je nach Gefühlslage. Das erste Halbjahr war eine Katastrophe. Es gab ein großes Durcheinander. Zur Rückrunde war es zwei, drei Monate herrlich. Man hatte das Gefühl, der Schiedsrichter ist der Chef auf dem Platz. Die letzten sechs, sieben Wochen hat es noch mal eine Wendung zum Negativen genommen. Mit engen Abseitsentscheidungen, ich hätte zum Beispiel das Tor, das der HSV gegen uns erzielt hat, nicht zurückgepfiffen.

    Ein großes Problem war, dass die Zuschauer im Stadion nicht wissen, warum was entschieden wird.

    Wir Manager haben darauf gedrungen, dass die Zuschauer im Stadion in der nächsten Saison erfahren, was los ist. Aus technischen Gründen kann man in der Kürze der Zeit keinen Videoclip einspielen. Aber die Schiedsrichter werden entweder über einen Call mit dem Stadionmikrofon informieren. Oder es wird auf der Videoleinwand eingespielt: Tor oder kein Tor wegen Abseits oder wie auch immer.