Hamburg. Etwas zurückgeben: Seine Wurzeln bei der Ruder-Gesellschaft Hansa hat das Hamburger Toptalent nie vergessen.

Welchen Wert ein Heimatverein haben kann, das hat Tim Ole Naske in diesem Frühjahr erlebt. Seine Wurzeln bei der Ruder-Gesellschaft Hansa hat das Hamburger Toptalent zwar nie vergessen. Aber nachdem eine bis heute nicht näher identifizierte Viruserkrankung ihn von Dezember bis Februar körperlich und mental lahmgelegt hatte, war es die Rückkehr aus dem Kreis des Nationalkaders zu seinem Jugendtrainer Stephan Froelke, die dem 22-Jährigen wieder ins Boot half. „Im Februar war ich psychisch so am Boden, dass ich die Saison beinahe abgeblasen hätte. Stephan hat mich wieder aufgebaut. Er muss mir nur in die Augen schauen, um zu wissen, wie ich drauf bin und was er tun muss, um mich zu packen“, sagt der Jurastudent.

Naske sitzt im Clubhaus an der Schönen Aussicht, genießt den Blick über die Außenalster, während er diese Geschichte erzählt. Die Rückkehr in den Schoß des Vereins ist für die größte deutsche Nachwuchshoffnung im Einer, wo er 2014 Juniorenweltmeister und Jugendolympiasieger wurde, nicht nur wichtig im Hinblick auf seine Erfolgsaussichten für den Weltcup und die WM Mitte September in Bulgarien. Er will auch unterstreichen, welche Bedeutung die RG Hansa, zu der er als Kind vom RV Teichwiesen gewechselt war, für seine Karriere hat. Und warum er sich entschieden hat, mit der Übernahme des Amtes als Festwart – „Gaudibursche“, wie er selbst sagt – etwas zurückzugeben. Naske teilt sich den Posten mit Henrik Runge, dem zweiten leistungssportlichen Aushängeschild des Vereins.

25 der Mitglieder betreiben Leistungssport

Dass Leistungssportler Ämter übernehmen, ist schon aufgrund ihrer engen Terminkalender nicht üblich. Menschen wie Naske, sagt Katharina von Kodolitsch, seien für einen Verein wie die 1872 gegründete Hansa enorm wichtig. „Er hat als Aushängeschild eine große Strahlkraft. Auch wenn Leistungssport kostenintensiv ist und es deshalb auch immer mal Diskussionen darüber gibt, bekommt Ole sehr viel Kredit hier im Club“, sagt die 47-Jährige, die vor drei Jahren das Amt des Ruderwarts gegen das der Vorsitzenden tauschte. Die in traditionsreichen Rudervereinen lange herrschende Trennung von Männern und Frauen ist bei der Hansa, die zu den vier größten Hamburger Vereinen zählt, seit 40 Jahren aufgehoben.

Nur 25 der rund 600 Vereinsmitglieder betreiben Leistungssport, im Vordergrund stehen Breitensport und die Ausbildung des Nachwuchses, für den es keinen Aufnahmestopp gibt. Mit Stephan Froelke habe man auf diesem Gebiet einen hoch anerkannten Fachmann. „Wir haben eine Tradition guter Jugendarbeit, die im ganzen Verein mitgelebt wird“, sagt Kodolitsch. Weil Naske das selbst erlebt hat, bringt er sich gern auch im Nachwuchs ein. So war er im Frühjahr mit Froelkes Gruppe im Trainingslager im italienischen Varese. „Vorbildfunktion zu übernehmen ist mir sehr wichtig“, sagt er. Dass er nach seiner Karriere im fortgeschrittenen Alter in die Hansa-Gilde einschert, eine Gruppe langjähriger Mitglieder, die die Jüngeren und die Leistungssportler in finanziellen Dingen unterstützt, gilt als ausgemacht.

Sportler im Verein halten

„Sportler von klein auf bis an die Spitze aufzubauen und ein Leben lang im Verein zu halten, das ist unser Anspruch, aber oft schwer zu realisieren“, sagt die Vorsitzende. Um diese Gemeinschaft zu stärken, sind Tage wie der 10. Juni unerlässlich. An jenem Sonntag findet die neunte Auflage der Benefizregatta „Rudern gegen Krebs“ statt, die den Jahreshöhepunkt der RG Hansa markiert. In Kooperation mit der Stiftung „Leben mit Krebs“, die deutschlandweit Regatten organisiert, will der Verein wieder ein Zeichen dafür setzen, wie wichtig Bewegung im Kampf gegen die tückische Krankheit ist.

„In dieses Event sind alle Mitglieder eingebunden, es ist für uns ein ganz wichtiger Tag“, sagt Kodolitsch. Die Regatta ist offen für alle Interessierten, viele der rund 60 teilnehmenden Viererteams kommen aus dem Betriebssport. Aber auch Patientenrennen, in denen vom Krebs Betroffene antreten, die in drei Trainingseinheiten bei der RG Hansa fit gemacht werden, sind im Programm. Die Meldegelder gehen komplett an die Stiftung. Anmeldungen sind noch bis Ende Mai auf der Internetseite rghansa.de möglich.

„Engagement für den guten Zweck motiviert uns alle“, sagt Tim Ole Naske, der selbst einen Start plant, sofern sein Wettkampfprogramm diesen zulässt. Er ziehe aus solchen Anlässen Kraft, die ihm durch die Wettkampfsaison helfe, weil er spüre, wie gut es das Schicksal mit ihm gemeint hat. Und weil selbst er an solchen Tagen den Wert seines Heimatvereins ganz besonders zu schätzen lernt.