Hamburg. Christian Titz unterschreibt heute bis 2020. Weil er eine Qualität mitbringt, die dem HSV lange gefehlt hat

    Am heutigen Mittwochmorgen erfolgt der letzte Akt: die Unterschrift. Christian Titz und der HSV gehen gemeinsam in die Zukunft. Gemeinsam in die Zweite Liga. Um in einem Jahr wieder erstklassig zu sein. Titz unterschreibt einen Cheftrainervertrag bis 2020. „Wir sind uns handelseinig. Ich bin froh, dass ich weiter Bestandteil dieses Clubs sein darf“, sagte Titz bereits am Dienstag, drei Tage nach dem Abstieg aus der Bundesliga. „Wir wollen hier ein Projekt starten, mit dem wir uns wieder zurück in die Bundesliga bringen. Meine Aufgabe ist es, das Maximum aus den Spielern herauszuholen.“

    Dass der Projektleiter für den Wiederaufstieg Christian Titz heißen wird, hat vor allem damit zu tun, dass der 47-Jährige in den vergangenen zwei Monaten bewiesen hat, dass er aus Spielern das Maximum herausholen kann. Dass er Spieler besser macht. Und damit bringt er eine Qualität mit, die den Hamburgern in den vergangenen Jahren gefehlt hat. Der HSV hatte sich das Image erarbeitet eines Clubs, bei dem Spieler schlechter werden.

    „Christian Titz hat mich besser gemacht“, sagte am Dienstag ein Spieler im Gespräch mit dem Abendblatt, der als extremes Beispiel für die Titz-These gilt: Matti Steinmann. Der 23-Jährige, den Titz nach seiner Beförderung Anfang März aus der Regionalligamannschaft mit zu den Profis nahm, hat innerhalb kürzester Zeit eine erstaunliche Entwicklung genommen und prägte als strategischer Aufbauspieler die viel gelobte Spielidee von Titz. „Der Trainer konnte mir genau vermitteln, welche Rolle ich in seinem System spielen soll“, sagte Steinmann.

    Worte, die man so oder so ähnlich von vielen HSV-Spielern in den vergangenen Wochen gehört hat. Zuletzt sogar von Kyriakos Papadopoulos, der den Trainer nach dem ersten Spiel aus Frust über sein Reservistendasein noch kritisiert hatte. „Jeder Spieler auf jeder Position weiß genau, was er machen soll. Dieser Trainer kann den HSV richtig nach vorne bringen“, sagte der Grieche, der sich wegen Titz sogar vorstellen kann, in Liga zwei zu spielen.

    Auch Lewis Holtby zählt zu den erstaunlichen Beispielen, wie ein Spieler innerhalb kurzer Zeit ein neues Leistungsniveau erreichen kann. In den jüngsten sieben Spielen unter Titz schoss Holtby so viele Tore (fünf) wie in seinen 94 HSV-Spielen zuvor. Wie ist so eine Entwicklung möglich? „Bei Lewis war nur entscheidend, dass er 30, 40 Meter weiter vorne in den Spielräumen zum Einsatz kommt und er dann seine Stärken wie Tiefenlaufwege reinbringt“, erklärte Titz am Dienstag.

    Auch Aaron Hunt hat der Trainer in seiner taktischen Ausrichtung anders positioniert – und damit besser gemacht. Hunt und Holtby waren in der zentralen Offensivachse die Schlüsselspieler im erfolgreichen Titz-System. Und wenn es nach dem Trainer geht, sollen die beiden das auch in der kommenden Saison sein. „Ich fände es super, wenn die beiden bei uns bleiben. Spieler mit dieser Qualität muss man erst einmal finden“, so Titz.

    Christian Titz will Christoph Moritz zum HSV holen

    Ob die beiden beim HSV bleiben, wird letztlich eine Frage der wirtschaftlichen Machbarkeit. Dass Holtby gerne mit Titz arbeitet, ist kein Geheimnis. „Er will das Beste aus dem Besten herausholen“, sagte der Mittelfeldmann bereits vor vier Jahren in einem Video der Fußball-Akademie „Coachingzone“. Es ist die Akademie für Individualtraining von Christian Titz. Neben Holtby gehört seit 2011 noch ein anderer Name zu deren Aushängeschildern: Christoph Moritz, ehemals Bundesligaspieler bei Schalke 04 und Mainz 05, gerade mit dem 1. FC Kaiserslautern in Liga drei abgestiegen.

    Es ist kein Zufall, dass Moritz in der kommenden Saison für den HSV spielen soll. Der 28-Jährige, der mit Holtby einst gemeinsam bei Schalke spielte und dort unter Trainer Felix Magath auch in der Champions League zum Einsatz kam, ist ein Wunschspieler von Titz. „Er könnte hier landen. Ich kenne ihn schon seit Jahren durch das Individualtraining. So hatte ich einen anderen Einblick in den Spieler.“ Titz hat mit Moritz das vor, was ihm auch mit Holtby gelang: Den Spieler wieder besser zu machen.

    Sein bestes Jahr hatte Moritz in der Saison 2013/14 in Mainz unter Trainer Thomas Tuchel. Ein Trainer, den Titz wegen dessen Idee des offensiven Fußballs schätzt. Auch Titz will seine Philosophie des Ballbesitz-Fußballs in der Zweiten Bundesliga fortführen. Diese Idee sei der Grund, warum spielstarke Fußballer wie Holtby, Hunt oder Steinmann unter Titz besser wurden. „Ich lege sehr stark Wert auf Ballbesitz und ein offensiv ausgelegtes Spiel. Das ist für einen strategischen Spieler wie etwa Matti Steinmann, der eine gute Spielübersicht und ein gutes Aufdrehverhalten hat, vorteilhafter.“

    Steinmanns Prozess des Besserwerdens begann bereits in der Vorbereitung der U-21-Saison. Zunächst hatte der Sechser noch Probleme, die Idee des Trainers zu adaptieren. Mit individuellen Videoschulungen gelang es Titz schließlich, Steinmann genau aufzuzeigen, wie er sich auf dem Platz zu verhalten habe. „Irgendwann hat es klick gemacht“, sagt Steinmann.

    Individuelle Betreuung zählt zu den wichtigsten Bausteinen des Fußballlehrers Titz. In dem Video, das Holtby und Moritz beim Individualtraining zeigt, referiert auch der Trainer über seine persönlichen Methoden. „Es geht letztendlich immer darum, die Spieler besser zu machen“, sagt Titz. Und dafür sollte es nie zu spät sein.