Hamburg. Der Brite Matthew Sampson gewinnt das 89. Deutsche Springderby. Starker dritter Platz für Sandra Auffarth

Dieses Derby war ganz nach dem Geschmack des ohnehin an­glophil angehauchten Publikums in Klein Flottbek: Entscheidung im Stechen und Spannung bis zum drittletzten Sprung. Dass bei der Ehrenzeremonie der Union Jack gehisst und die Hymne des Vereinigten Königreichs gespielt wurden, passte ins Bild eines sportlichen Festtages. Mit dem Engländer Matthew Sampson sicherte sich zum dritten Mal in Folge ein Reitersmann aus dem Ausland das Blaue Band.

Nachdem im ersten Durchgang unter 32 Teilnehmern drei Reiter fehlerlos über den Wall, Pulvermanns Grab und andere Problemfälle kamen, gelang dem 27-Jährigen aus Sheffield auch im entscheidenden Moment ein Bravourstück. Couragiert dirigierte er seine zwölfjährige Stute Gloria van Zuuthoeve über den Parcours. Beide hatten in der ersten Qualifikation am Mittwoch Platz zwei belegt. „Die Atmosphäre in Hamburg ist unglaublich“, sagte Mister Sampson nach der vierten Ehrenrunde. „Sie hat uns beide nach vorne getragen.“

Den zweiten Rang belegte Gilbert Tillmann, ein Mann mit Chuzpe, der sich mit Überraschungen auskennt. Im 84. Deutschen Derby vor fünf Jahren schaffte er mit dem krassen Außenseiter Hello Max eine Sensation. Und am Sonntag widerfuhr ihm im Sattel des Schimmels mit dem ungewöhnlichen Namen Claus Dieter im Stechen nur ein Abwurf. Bereits im Vorjahr hatte dieses Gespann den Ehrenrang belegt.

Und dann wurde es still auf den Tribünen und Stehplätzen. Erstaunlich, dass gut 25.000 Zuschauer ohne Kommando unvermittelt schweigen können. Sollte mit der früheren Vielseitigkeitsweltmeisterin Sandra Auffarth aus Ganderkesee bei Bremen erstmals nach 1975 wieder eine Frau triumphieren? Als letzte Starterin musste sie alles riskieren – und zudem aufs Tempo drücken. Kurz vor dem Coup warf ihre Stute Nupafeed’s La Vista aus der Zucht ihres Vaters zwei Eisenbahnschranken ab. Für den dritten Rang blieben reichlich Applaus, Hochachtung und 18.000 von insgesamt 120.000 Euro Preisgeld.

„Sensationell“, befand Springreitlegende Achaz von Buchwaldt auf der Teilnehmertribüne. „Im Stechen fehlte ihr noch ein bisschen Erfahrung.“ Matthew Sampson sei „außergewöhnlich gut gesprungen, geradezu spektakulär“. Im 89. Deutschen Derby war es der 24. Triumph eines Gastes aus dem Ausland. Andere Mitfavoriten mussten den Tücken des Parcours Tribut zollen. Der Ire Dermott Lennon, in beiden Qualifikationen souverän Bester, patzte mit Gelvins Touch zweimal und belegte Platz acht. Auch Lokalmatadorin Janne-Friederike Meyer-Zimmermann verbuchte im Sattel von Anna als Neunte acht Fehlerpunkte. Dritte Frau unter den ersten zehn wurde die Engländerin Holly Smith auf Rang fünf mit Quality Old Joker.

Unter dem Strich erlebten 93.000 Zuschauer fünf Turniertage, an denen eine Menge stimmte. Ähnlich spannend wie die Entscheidung um das Blaue Band wird die Entwicklung der Tribünenpläne in nächster Zeit. Am Sonnabend um 11 Uhr saßen die Derbymacher mit Behörden- und Parteienvertretern an einem großen Tisch im Ehrengastzelt beisammen. Neben Dietmar Dude aus dem Vorstand des gastgebenden Reitervereins und Martin Freiherr von Jenisch als Eigentümer des Derbyparks war auch Derbychef Volker Wulff präsent.

Im kommenden Monat lädt Sportstaatsrat Christoph Holstein alle Beteiligten zu einem zweiten Gipfel ein. Läuft alles richtig rund, könnte nach dem Derby 2019 mit ersten Baumaßnahmen begonnen werden. „Deswegen wird kein Derby ausfallen“, versprach Wulff. Unverändertes Ziel sei die Ausrichtung der Springreit-
Europameisterschaft in drei oder vier Jahren. „Ich unterstützte die Neubaupläne“, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher bei seiner Derbypremiere dem Abendblatt. Das Flottbeker Pferdefestival sei ein „Aushängeschild für unsere Stadt“. Hamburg helfe gerne. Unter der bekannten Voraussetzung, dass etwa zwei Drittel der Investitionssumme zwischen 13 und 15 Millionen Euro privatwirtschaftlich finanziert werden. Die Ehrenzeremonie nahm den Bürgermeister derart ein, dass er zu seinem Handy griff und Fotos vom Sieger machte.

Die politischen Bedingungen sind Volker Wulff bekannt. An diesem Donnerstag fährt der Vermarktungsprofi in die Gemeinde Valkenswaard im Dreiländereck Niederlande, Belgien, Deutschland. Der jetzt ausgelaufene Vertrag mit Hamburg als Station der Global Champions Tour soll um drei bis fünf Jahre verlängert werden. Damit Klein Flottbek auch vom 29. Mai bis zum 2. Juni 2019 erstklassig bleibt.

Auf jeden Fall hat Sieger Matthew Sampson am speziellen Flottbeker Flair Gefallen gefunden. Neben 30.000 Euro nahm er aus der Hand des Hauptsponsors Albert Darboven ein Sachgeschenk entgegen, das im Land der Teefreunde nicht selbstverständlich ist: eine Kaffeemaschine.