Hamburg. Die Rhein-Neckar Löwen triumphieren im elften Anlauf beim Final Four um den deutschen Handball-Pokal

Normalerweise, sagt Nikolaj Jacobsen mit der ersten Flasche Bier des Abends in der Hand, „normalerweise werde ich in der Kabine wütend, wenn es nicht so läuft.“ Dieses Mal aber „habe ich meinen Kapitän nur umarmt und ihm gesagt: ,Die Mannschaft braucht dich jetzt’“. Der liebevolle Rüffel des Trainers kam an. Angeführt von einem in der zweiten Halbzeit überragenden Andy Schmid gewannen die Rhein-Neckar Löwen erstmals in ihrer Vereinsgeschichte den deutschen Handball-Pokal.

Der Branchenprimus besiegte beim 30:26 (13:11)-Erfolg im Endspiel des Rewe Final Fours in der Barclaycard-Arena gleich zwei Gegner auf einmal: die TSV Hannover-Burgdorf auf dem Spielfeld, das Hamburg-Trauma in den eigenen Köpfen. „Der Druck lastete sehr auf uns, ist mit jedem Jahr größer und größer geworden. Jetzt ist für uns alle hier ein Traum in Erfüllung gegangen“, sagt Oliver Roggisch, Sportlicher Leiter der Löwen. „Ich bin so erleichtert. Alle haben gesagt, ihr müsst das Ding endlich gewinnen“, ergänzt Trainer Jacobsen.

Zehnmal hatten sich die Mannheimer samt ihrer großen Fangemeinde schon auf den Weg nach Hamburg gemacht. Gewonnen hatten sie vorher noch nie. Zuletzt ereilte sie fünfmal in Serie gegen die SG Flensburg-Handewitt das Aus jeweils im Halbfinale. Drei Final-Four-Endspiele gingen seit 2006 schief, zweimal gegen den HSV, einmal gegen Kiel. „Aber dieses Wochenende hatte ich von Anfang an ein gutes Gefühl – auch weil Flensburg nicht dabei war“, sagt Jacobsen mit einem verschmitzten Lächeln.

Andy Schmid wird zum besten Spieler des Finales

Tatsächlich geriet schon das souveräne 31:24 (16:10) im Halbfinale am Sonnabend gegen den SC Magdeburg zur Machtdemonstration des Bundesliga-Tabellenführers, der vor der dritten deutschen Meisterschaft in Folge steht. Der SCM, Ligadritter und Pokalsieger von 2016, galt als Geheimfavorit. Und dann das. Bereits zur Halbzeit war das Spiel entschieden. „Da hatten wir zumindest schon mal eine Übernachtung mehr gewonnen“, scherzt Jacobsen.

Das Finale vor 13.200 Zuschauern gegen Emporkömmling Hannover, das am Vortag ebenfalls kräfteschonend 24:19 (15:4) gegen die HSG Wetzlar siegte, blieb trotz eines zwischenzeitlichen 7:0-Laufs der Löwen, umkämpft. Beim 10:4 (20. Minute) drohte ein Debakel. Beim 13:14 (33.) hatten die „Recken“ aus Hannover wieder die Chance auf den Ausgleich.

Doch dann begannen die spielentscheidenden Momente des Andy Schmid. Der Schweizer traf nach seinem ersten Finaltor zum 13:15 (34.) noch weitere siebenmal, wurde bester Torschütze und bester Spieler des Endspiels. „Zur Halbzeit hatten wir ihn noch gar nicht auf der Liste für die Ehrung“, sagt Frank Bohmann, Geschäftsführer der Deutschen Handballliga (HBL) hinterher. „Er hat halt seine Sachen gemacht, so wie immer“, kommentiert Kim Ekdahl du Rietz, Schmids Nebenmann.

Was Hannover auch probierte, der 34 Jahre alte Schmid, der in den vergangenen vier Jahren jeweils zum besten Spieler der Bundesliga gewählt worden war, antwortete gekonnt. Als Torschütze per Unterarmwurf wie als Passgeber auf Außen. Schmid selbst hatte nur eine Sorge: „Jetzt müssen wir den Trainer überreden, dass wir heute Party machen dürfen.“ Für die Rhein-Neckar Löwen steht am Donnerstag das nächste Ligaspiel – erneut gegen Magdeburg – an. „Wir haben noch ein großes Ziel“, sagt Oliver Roggisch vor dem Meisterschaftsendspurt.

Der Ligasechste Hannover hatte da fast schon mehr zu feiern: „Heute sind wir natürlich enttäuscht. Morgen geht es uns schon besser und übermorgen überwiegt der Stolz über das Erreichte“, sagt Manager Benjamin Chatton. Unabhängig vom Saisonausgang hat der Final-Foul-Neuling die Qualifikation zum Europapokal sicher.

Hamburg ist Standort bei der WM 2019 und EM 2024

Das 25. Final Four in Hamburg sei „sehr gelungen“, bilanziert HBL-Chef Bohmann. Bis 2022 läuft der Vertrag. „Ich habe aber wenig Zweifel daran, dass Hamburg auch darüber hinaus das Mekka des Handballpokals bleibt“, sagt Bohmann, „was für die Fußballer der Endspielort Berlin ist, ist für uns Hamburg.“

Bei der WM 2019 (10. bis 27. Januar), die Deutschland und Dänemark gemeinsam ausrichten, finden die Halbfinalspiele in der Hansestadt statt. Der Kartenvorverkauf läuft bereits auf Hochtouren. Zudem hatte der DHB am Wochenende die wichtigsten Entscheider des Welthandballs nach Hamburg eingeladen. Wahlkampf, denn der Verband bewirbt sich um die alleinige Ausrichtung der EM 2024. „Hamburg ist ganz sicher als Standort dabei“, sagt Uwe Schwenker, Präsident der HBL. Der Europäische Verband entscheidet am 18./19. Juni über die Vergabe.