Hamburg. 768 Anhänger aus Hamburg haben sich ein Ticket gesichert. Die Stimmung hat sich gedreht, doch die Polizei ist auf alles vorbereitet

Um 6.28 Uhr rollt er auf Gleis 5 am Bahnhof Harburg los. Erstmals seit mehr als vier Jahren fahren die HSV-Fans wieder mit einem Sonderzug zum Auswärtsspiel. Verteilt auf zwölf Passagierwagen finden 768 Anhänger Platz in dem Gefährt der Deutschen Bahn. Zwei zusätzliche Abteile werden ausschließlich als Party- sowie Getränkeverkaufswagen eingesetzt. Die Tickets waren im Januar binnen zwölf Minuten an Fanclubs und Mitglieder ausverkauft. 30 ehrenamtliche Ordner sowie zehn Kräfte eines privaten Sicherheitsdienstes sollen die Sicherheit im Zug gewährleisten. Zusätzlich fahren auch vier Sanitäter mit.

Eine brisantere Partie als das Auswärtsspiel am heutigen Sonnabend bei Eintracht Frankfurt hätten die HSV-Supporters, Organisatoren des Sonderzuges, nicht auswählen können. Möglicherweise könnte es für die abstiegsbedrohten Hamburger das vorerst letzte Auswärtsspiel in der Bundesliga sein. Daran war im August 2017, als die Planung für die Zugfahrt begann, allerdings gar nicht zu denken. Weil alle anderen Auswärtsspiele zu diesem Zeitpunkt noch nicht terminiert waren, fiel die Wahl für das Comeback des Sonderzuges auf die Partie in Frankfurt. Ausgerechnet Frankfurt. Noch vor wenigen Wochen galt es als sicher, dass gewaltbereite Ultras der Eintracht und des HSV am Sonnabend die Konfrontation suchen werden. Doch mittlerweile hat sich die Stimmung gedreht – vor allem beim HSV.

Die Fans haben anerkannt, dass die Mannschaft unter Trainer Christian Titz ansehnlichen Fußball spielt, der auch noch zu Siegen führt. Die Zeiten, in denen die Anhänger die Spieler im Februar und März mit Plakaten wie „Bevor die Uhr ausgeht, jagen wir euch durch die Stadt!“, Grabsteinen sowie versuchten Platzstürmen bedroht haben, scheinen vorbei. Auch ein Zwist unter den Fans, als es auf der Nordtribüne während der 1:2-Niederlage gegen Hertha zu Reibereien kam, weil die federführenden UItras nach dem Rückstand die Stimmung eingestellt hatten, wurde inzwischen ausgeräumt. „Nach den Personalentscheidungen im Sportbereich sowie dem damit verbundenen anderen Auftreten der Mannschaft, die unter Titz attraktiver und mutiger spielt und den Fußball nicht nur arbeitet, fand ein erkennbares Umschwenken innerhalb der Fanszene statt“, sagt der leitende HSV-Fanbeauftragte Joachim Ranau. „Die lautstarke Unterstützung ist zusammen mit der Zuversicht zurückgekehrt – ein wichtiger Faktor im Endspurt um den Klassenerhalt.“

Dennoch garantiert auch der neue Zusammenhalt nicht, dass es in Frankfurt in den Fanlagern ruhig bleibt. Für den Fall eines möglichen Abstiegs der Hamburger ist die Polizei auf das Schlimmste vorbereitet. Die Beamten haben die Partie als Risikospiel eingestuft und werden mit mehreren Hundertschaften versuchen, ein Aufeinandertreffen der beiden Problemfangruppen, die schon in der Vergangenheit häufiger die gewalttätige Konfrontation gesucht hatten, zu verhindern. Bereits als sicher gilt, dass die HSV-Fans wieder Pyrotechnik abbrennen werden. So wie bei jedem Gastspiel in diesem Jahr, mit Ausnahme der Partie in München.

Der HSV hofft, dass seine Fans darüber hinaus nicht negativ auffallen werden – selbst wenn der erstmalige Gang in die Zweite Liga feststehen sollte. „Ich rechne nicht mit Problemen nach dem Spiel in Frankfurt“, sagt Ranau. Auch im Sonderzug soll es dann nicht zu Zwischenfällen kommen. „Alle Mitfahrer wissen, dass ein Sonderzug auf absehbare Zeit nicht mehr umsetzbar wäre, wenn es zu Ausschreitungen kommt“, sagt Supporters-Chef Timo Horn, der die Ultras in die Reiseplanung von Beginn an miteinbezogen hat.

Zur Planung gehört auch ein Sieg als Basis für den Klassenerhalt. Die Rückfahrt der Fans nach Hamburg wäre dann ein einziger Freudenrausch bis in die frühen Morgenstunden um 1.52 Uhr, wenn der Sonderzug am Hauptbahnhof erwartet wird.