Hamburg. Belgiens Football-Nationalspieler Gert Nelissen ist neu bei den Hamburg Huskies und bereitet seinem Team Freude

Darüber, wie er hineingeraten ist in das Abenteuer, das er gerade lebt, muss Gert Nelissen selbst oft lachen. Mal ehrlich: Als ihn vor drei Jahren ein Bekannter fragte, ob er sich angesichts seiner, nun ja, stattlichen Körpermaße – 120 Kilogramm nicht unbedingt reine Muskelmasse verteilen sich auf 187 Zentimeter Länge – nicht vorstellen könnte, American Football zu spielen, da musste er zunächst passen. „Ich hatte bis dahin ab und zu mal den Super Bowl geschaut, war aktiver Snowboarder. Aber dass es in meiner Heimat überhaupt eine Footballliga gibt, wusste ich nicht“, sagt der bullige Belgier.

Dass er es schaffte, als absoluter Frischling innerhalb von zwei Jahren in die Nationalmannschaft aufzusteigen, sagt viel über den Stellenwert seines Sports in Belgien. Dass er nun, nachdem er mit seinem Stammverein Limburg Shotguns gerade den Aufstieg in die höchste nationale Spielklasse geschafft hatte, den Schritt in eine der besten Ligen Europas wagt und in dieser Saison in der German Football League (GFL) für die Hamburg Huskies in der Offensive Line die Gegner blockt, sagt dagegen alles über den Charakter des 23-Jährigen. „Genau das ist der Grund, warum wir Gert verpflichtet haben“, sagt Huskies-Chefcoach Timothy Speckman. „Importspieler vergessen oft, wie gut sie es haben, auf höchstem Level in Europa spielen zu dürfen. Sie bleiben in ihrer Komfortzone. Gert dagegen gibt alles, um auf diesem Level zu bestehen. Dieses Feuer ist das, was wir in unserem Team haben wollen“, sagt der Trainer.

Tatsächlich habe er nicht lange zögern müssen, um die Offerte aus Hamburg anzunehmen, sagt Nelissen, der perfektes Englisch mit amerikanischem Akzent spricht und deshalb auch keinerlei Anpassungsprobleme im Team hatte. Ein Probetraining und eine Rundfahrt durch die Stadt hätten gereicht, um das Feuer in ihm lodern zu lassen. „Das ist eine riesige Chance für mich. Ich bin jung, wann sonst soll ich so etwas wagen? Das ist jetzt die beste Zeit meines Lebens“, sagt er. Das Studium in Ethik und Geschichte, das in einen Lehrberuf münden soll, kann er von Hamburg aus weiterführen. Nun geht es darum, Praxiswissen in einer Liga zu sammeln, deren Niveau für den Abfangjäger absolutes Neuland darstellt.

„Hier ist jedes Training so hart wie in Belgien ein Länderspiel. Aber mich bringt das unheimlich weiter. Wenn ich schaue, wie ich mich in den ersten Wochen schon verbessert habe, dann weiß ich, dass die Entscheidung genau richtig war“, sagt er. Sein Trainerteam beeindruckt Nelissen aber nicht nur durch seine Leistungsbereitschaft, sondern vor allem durch seine Teamfähigkeit. Von Anfang an bot er sich, obwohl selbst Neuling, den anderen Neuzugängen als Stadtführer an. In dem Haus in Eidelstedt, das er mit einigen Teamkollegen teilt, organisiert er regelmäßig Treffen mit der gesamten Offensive Line. „Dann essen wir und reden über Football und alles andere. Wir müssen auf dem Platz eine Einheit sein, und das geht besser, wenn wir uns auch abseits des Platzes optimal verstehen“, sagt er. Ein enger Zusammenhalt sei wichtiger als das größte Talent. Funktioniere dieser, könne man auch übermächtige Gegner besiegen – wie zum Beispiel am Sonnabend (16 Uhr, Hammer Park) den deutschen Vizemeister Braunschweig.

Um Fans und Freunde teilhaben zu lassen an seinem Abenteuer, hat Gert Nelissen auf YouTube einen Kanal eingerichtet, auf dem er in kleinen Filmen aus dem Alltag eines Importspielers in der GFL erzählen will. In der kommenden Woche soll es losgehen. Ein Sensationssieg gegen die Lions wäre dafür nicht der schlechteste Einstieg.