Hamburg. Der Cheftrainer der Hockeyherren des Clubs an der Alster will die Kontinuität zurückbringen – und seiner Auswahl eine neue Kultur geben

Dem jungen Kellner im Alster-Clubhaus, der die Maracujaschorle bringt, muss er auf die Frage, auf welches Clubkonto das Getränk geht, seinen Namen sagen. Zu irritieren scheint ihn das nicht. Gut, Fabian
Rozwadowski ist Cheftrainer der Bundesliga-Hockeyherren des Clubs an der Alster, des leistungssportlichen Aushängeschilds des Traditionsvereins. Aber er ist ja erst seit vergangenem Sommer im Amt. Und außerdem, das macht der 35-Jährige im Gespräch klar, geht es nicht um ihn. „Mein Ziel ist es, die Mannschaft so aufzustellen, dass wir dauerhaft zum Final-Four-Kandidaten werden. Dafür suche ich das richtige Team aus Trainern und Spielern zusammen. Alles andere ist unwichtig“, sagt er.

Man mag ihm diese uneitle Einstellung abnehmen oder nicht: Fakt ist, dass sich Fabian Rozwadowski auf den Weg gemacht hat, Alster die Kontinuität zurückzubringen, die nach der Ära Jo Mahn – Chefcoach von 1996 bis 2016 – unter drei Trainerwechseln innerhalb von zwei Jahren verschüttet worden war. Und der in Polen geborene und in Rheinland-Pfalz aufgewachsene Ex-Bundesligaspieler macht auf diesem Weg auch vor Konflikten nicht halt. Dass er vor Rückrundenbeginn in der Feldbundesliga Urgestein Jonathan Fröschle zum Zweitliga-Tabellenführer Polo Club ziehen ließ, weil der Abwehrchef nicht so mitzog, wie es der Trainer erwartete, sorgte für Aufruhr im Verein.

Aber wer alte Zöpfe abschneiden will, um Platz für neues Wachstum zu machen, der dürfe vor unbequemen Entscheidungen nicht zurückschrecken, sagt Rozwadowski. „Man kann für alles Verständnis haben, oder man legt den Finger in die Wunden und stößt damit Prozesse an.“ Welche Variante er bevorzugt, daran hat er seit seinem Wechsel vom Zweitligisten Großflottbeker THGC zu Alster keinen Zweifel gelassen. Und seine junge Mannschaft, die an diesem Sonnabend (13 Uhr, Pfeilshof) mit einem Sieg über Tabellenschlusslicht Münchner SC den Anschluss an die Endrundenränge halten will, zieht mit. Um die hochtalentierten Jungnationalspieler Johannes Große, Jesper Kamlade, Constantin Staib und Niklas Bruns und die erfahrenen Anführer Felix Reuß und Alessio Ress ist eine Mannschaft gewachsen, die den Eindruck vermittelt, nicht nur eine Ansammlung an Topspielern zu sein, sondern in eine gemeinsame Richtung marschieren zu wollen.

Genau das ist es, was der Übungsleiter seiner Auswahl vermitteln will. „Wir wollen mündige Spieler, die auf dem Platz eigenverantwortlich Entscheidungen treffen. Deshalb lassen wir ihnen viele Freiräume“, sagt er. Sich selbst immer wieder zurückzunehmen und die Gesprächsführung und das Coaching an der Seitenlinie Co-Trainer Valentin Altenburg zu überlassen, falle ihm nicht schwer. „Ich kann durchaus emotional sein, aber die Kunst ist es doch, seinen Stil auf die Spieler einzustellen und nicht umgekehrt den Spielern einen Stil aufzudrücken“, sagt er.

Dass Beobachter oft den ehemaligen A-Kader-Bundestrainer Altenburg als Chef wahrnehmen, stört Rozwadowski nicht, solange intern geklärt ist, dass er das Sagen hat. „Vali und ich ergänzen uns perfekt, weil er im aktuellen Geschehen lebt und das Beste aus jeder Situation rausholt, und ich eher das langfristige strukturelle Denken einbringe“, sagt er. Altenburg bestätigt das: „Fabi ist ein Trainer, der einem Team eine Kultur gibt. Schon in seinem ersten Jahr ist es ihm gelungen, aus einer Wundertüte eine stabile Einheit zu entwickeln.“

Wenn diese Entwicklung anhält, wird Fabian Rozwadowski im Clubhaus bald nicht mehr nach seinem Namen gefragt werden.

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