Hamburg. Hockey-Nationalspielerin will mit dem Club an der Alster Meister werden und ihr Medizinstudium vorantreiben

Klar, die Tabellenspitze, die hätten sie schon gern zurück. Mit einem Sieg im Topspiel an diesem Sonnabend (15.15 Uhr, Pfeilshof) gegen den Mannheimer HC würden die Bundesliga-Hockeydamen des Clubs an der Alster den Gästen den Platz an der Sonne wieder entreißen. Aber eigentlich geht es längst schon um größere Ziele, und Nele Aring scheut sich nicht, diese auch auszusprechen. „Wir wollen uns in jedem Spiel so weiterentwickeln, dass wir bei der Endrunde in Krefeld den Titel holen können“, sagt sie.

2009 stand die Auswahl von Cheftrainer Jens George zuletzt in einem nationalen Endspiel auf dem Feld. Dass sie am 9./10. Juni beim Final Four gute Chancen hat, den Stadtrivalen Uhlenhorster HC als Meister abzulösen, hat viel damit zu tun, dass der konsequente Neuaufbau Spielerinnen wie Nele Aring in die Verantwortung gespült hat. Und dieser stellt sich die 21 Jahre alte Defensivspielerin mit einer Entschlossenheit, die sogar ihren Coach bisweilen verwundert. „Sie hat eine beeindruckende Ruhe, ist ein sehr verlässlicher Typ und spielt sehr abgezockt“, sagt George, „vor allem aber vertritt sie immer ihre Meinung und ist deshalb auch in den Mannschaftsrat gewählt worden.“

Die U-21-Nationalspielerin lächelt nur kurz, wenn sie derlei lobende Worte hört, dann kehrt schnell wieder diese Ernsthaftigkeit zurück, mit der sie ihr gesamtes Leben organisiert. Es sei wichtig, dass in einem Team mit vielen starken Charakteren das Bewusstsein dafür herrsche, nur gemeinsam erfolgreich sein zu können. „Dieses Denken haben wir in dieser Saison verinnerlicht“, sagt sie. Der Gewinn der deutschen Hallenmeisterschaft Anfang Februar sei deshalb ein wichtiges Zeichen dafür gewesen, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist. Und weil Nele Aring das Gefühl hat, dass nicht nur der Trainer ihr vertraut, sondern auch die Teamkolleginnen, sieht sie ihre Rolle vor allem darin, „die Stimme derjenigen zu vertreten, die sonst nicht viel sagen“.

Was Wegbegleitern besonders imponiert, ist die Zielstrebigkeit, mit der die in Celle aufgewachsene und vor drei Jahren vom DTV Hannover zu Alster gewechselte Führungsspielerin ihr sportliches und berufliches Fortkommen vereint. Ein Abiturdurchschnitt von 1,7 verbaute ihr den direkten Weg zum Traum, Humanmedizin zu studieren. Deshalb absolvierte Nele Aring zunächst in der kardiologischen Praxis ihres Vaters eine Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten, die sie in der Hälfte der vorgeschriebenen Dreijahresfrist durchzog. In Hamburg arbeitet sie bei Lans Medicum am Stephansplatz. Das Angebot, in Budapest zu studieren, lehnte sie im vergangenen Jahr zugunsten ihres Sports ab, „weil ich noch nicht bereit bin, komplett auf Hockey zu verzichten“. Was angesichts ihres Talents und der Aussicht, für 2020 in Tokio noch in den Olympiakader zu rutschen, durchaus nachvollziehbar ist.

In diesem Jahr jedoch hat sie sich in Mainz für Zahnmedizin eingeschrieben und würde einen Wohnort- und Vereinswechsel im Herbst in Erwägung ziehen, sollte sich in Hamburg nicht noch eine Möglichkeit ergeben. Härtefallregeln für Leistungssportler gibt es hier für notenabhängige Studiengänge in der Regel nicht. Deshalb bleibt ihr nur die Hoffnung, denn eigentlich will sie nicht weg. Nicht jetzt, wo der Neuaufbau bei ihrem Club Früchte trägt und sie in Hamburg längst heimisch geworden ist. Aber wer an die Spitze will, muss Opfer bringen, und Nele Aring weiß das.