Leverkusen. Das Erfolgsrezept des Pokalfinalisten Bayern München ist neben Triple-Trainer Heynckes die Geschlossenheit

Fünf Minuten lang sprach Thomas Müller in blendender Laune über das 6:2 der Bayern im DFB-Pokal-Halbfinale bei Bayer Leverkusen. Doch vor seinem nächtlichen Schlendergang zum Mannschaftsbus musste der 28-Jährige noch das Rätsel über die Anzahl der eigenen Treffer aufklären. „Zwei waren es auf jeden Fall, und beim dritten kam ich nicht mehr weg“, scherzte er daraufhin. Ob zwei oder drei, das sei ihm nach diesem furiosen Sturm ins Berliner Cup-Finale (19. Mai) auch nicht so wichtig. Doch allen, die es genau wissen wollten, gestattete Müller: „In dem Fall kann man schreiben, die Mannschaft hat das Tor erzielt.“

Dem gewitzten Oberbayern gelang damit die perfekte Beschreibung, wie das Team von Jupp Heynckes derzeit durch Meisterschaft, Pokal und Champions League surrt. In der BayArena lieferten sich die beiden Kontrahenten, auch dank einiger Nachlässigkeiten in der Defensive, vor allem in der ersten Halbzeit ein hochklassiges Duell. Sven Ulreich, der von Woche zu Woche selbstbewusstere Stellvertreter von Manuel Neuer im Bayern-Tor, parierte kurz vor und kurz nach der Pause zweimal grandios gegen Karim Bellarabi. „Danach“, kommentierte Trainer Jupp Heyn­ckes, „war es teilweise eine Fußballdemonstration meiner Mannschaft.“ Der zweieinhalbfache Torschütze Müller sah das ähnlich. „In der zweiten Halbzeit haben wir schon zwei, drei sehr gute Spielzüge rausgeknallt“, sagte der Nationalstürmer. Vor dem Treffer zum 3:1 etwa sauste der Pass des Spaniers Thiago so sensenscharf genau vor Müllers Füße, dass Karl-Heinz Rummenigge auf der Tribüne vor Freude die Gesichtszüge entglitten. „Ein Fan des FC Bayern zu sein ist momentan ein Paradieszustand“, sagte er.

Das wahre Paradies für die Bayern aber ist bekanntlich erst mit dem Triumph in der Champions League erreicht. Und auf dem Weg dorthin baut sich in der nächsten und übernächsten Woche in den Halbfinalen erst mal der Titelverteidiger vor den Münchnern auf. „Wenn im Moment einer Real Madrid schlagen kann, dann der FC Bayern“, prahlte Rummenigge. Und Keeper Ulreich pflichtete dem angriffslustigen Clubboss bei: „Treten wir so auf wie heute, wird es auch für Real schwer.“

Die Lederhosen sitzen in der entscheidenden Phase der Saison also wieder mal besonders stramm an der Säbener Straße. Der ewige Bayern-Erwecker Heynckes lässt immer deutlicher die Erinnerungen an das Triple-Jahr 2013 aufflammen. Mit großer Selbstverständlichkeit fügt sich bei den Münchnern im Augenblick eins zum andern. Selbst altgediente Alphatiere wie Arjen Robben (34) und Franck Ribéry (35) malen ohne zu murren mit am schönen Gesamtbild.

Deshalb war es auch kein Zufall, dass Heynckes nach dem Kantersieg bei den Leverkusenern diese beiden und den offensichtlich wechselwilligen Angreifer Robert Lewandowski lobte. „Wir haben momentan nur Teamplayer, keine Ich-AGs. Und ich habe schon vor der Saison gesagt: Champions-League-Sieger wird die Mannschaft, die Homogenität ausstrahlt, in der sich die Spieler gut verstehen und gegenseitig respektieren“, lobte der 72-Jährige das eigene Werk. Begleitet von der wohlwollenden Retourkutsche von Thomas Müller, der noch einmal heraushob: „Jupp Heynckes hat es geschafft, dieser Mannschaft wieder die Gier nach Erfolg einzutrichtern.“