Gelsenkirchen. Schalke 04 besiegt Erzrivalen Borussia Dortmund mit 2:0 und schwingt sich zur Nummer eins im Westen auf

Die Profis von Borussia Dortmund verließen begleitet von den höhnischen Gesängen der Schalker Fans nach dem verdienten 0:2 (0:0) im Revierderby mit hängenden Köpfen den Rasen. Der neuerliche Rückschritt ausgerechnet im prestigeträchtigen Duell mit dem Erzrivalen Schalke 04 schlug allen Dortmundern mächtig aufs Gemüt.

Nationalspieler Marco Reus machte aus seinem Frust keinen Hehl und fand deutliche Worte: „Wir wollten unbedingt gewinnen und vor Schalke stehen. Aber wir haben es verkackt.“ Das Auftreten der Mannschaft wirft erneut Fragen auf. Zum Beispiel die, warum sie es nicht schafft, die richtige Haltung zu einem derart besonderen Spiel zu entwickeln. „Das ist genau unser Pro­blem und das werden wir auch nicht geändert bekommen in dieser Saison. Das heutige Spiel war sehr, sehr wichtig für uns. Es so verdient zu verlieren ist umso schlimmer“, bedauerte Kapitän Marcel Schmelzer nach der Partie. Warum das immer wieder passiert? „Das ist eine Frage, die wir uns auch stellen. Woran es genau liegt, kann man nicht sagen.“ Ratlosigkeit nicht erst seit dem Derby-Sonntag.

Bei den Königsblauen dagegen ging es hoch her. Selbst der ansonsten eher zurückhaltende Trainer Domenico Tedesco ließ sich von der brodelnden
Atmosphäre in der mit 61.786 Zuschauern natürlich ausverkauften Arena mitreißen. Auf Wunsch des eigenen Anhangs erkletterte er ein Podest auf der Nordtribüne, um sich in einem völlig durchnässten Poloshirt feiern zu lassen. „Ich hatte ursprünglich abgelehnt, aber auch das Gefühl, wenn ich Nein sage, bauen die Ultras das Stadion ab. Es ist ein Privileg, da oben stehen zu dürfen“, sagte der Erfolgscoach.

„Damit wurde Domenico heute geadelt“, kommentierte Vereinsboss Clemens Tönnies die Szene nach dem Spiel mit breitem Grinsen: „Als er im Block war hatte ich Gänsehaut.“ Auch Sportvorstand Christian Heidel geriet ob solcher Bilder ins Schwärmen: „Wir sind noch nicht am Ende unserer Entwicklung – da bin ich mir ganz sicher.“

Gut möglich, dass Heidel recht behält. Die Gesänge der stolzen Schalker Anhänger, die Nummer eins im Revier zu sein, passten ins Bild. Schließlich deutete sich auf dem Platz eine Wachablösung an, die länger dauern könnte als den Dortmundern lieb sein dürfte.

Zum wiederholten Mal mangelte es dem BVB an Leidenschaft und Klasse, um dem Ruf einer Spitzenmannschaft gerecht zu werden. Dagegen deuteten die in den vergangenen Jahren zumeist unterlegenen Schalker in nahezu jedem Zweikampf an, dieses Spiel unter allen Umständen gewinnen zu wollen und wurden dafür durch die Führung von Jewgeni Konopljanka (50. Minute) belohnt. Mit dem 2500. Bundesliga-Tor für Schalke hatte der Edelreservist, der erstmals seit Anfang Fe­bruar in der Startelf stand, den Königsblauen den Weg zum ersten Sieg im Revierderby seit vier Jahren geebnet.

Endgültig zu einem Schalker Derby-Helden stieg Naldo auf. Wie schon beim spektakulären 4:4 im Hinspiel setzte der Abwehrchef mit einem Tor (82.) den Schlusspunkt. Doch nicht nur der fulminante Freistoßtreffer des Brasilianers veranlasste Tedesco zu einem Extralob: „Er ist ein Superprofi, der sehr auf sich achtet und hat heute überragend verteidigt.“

Mit 55 Punkten festigten die Gelsenkirchener den zweiten Tabellenplatz. Anders als die Schalker müssen die auf Rang vier abgerutschten Dortmunder nun weiter um die Champions-League-Qualifikation bangen. „Wir hätten mehr Durchschlagskraft gebraucht“, beschrieb Trainer Peter Stöger das anhaltende Problem, dass sich seine eigentlich für ihre Offensivkraft bekannte Mannschaft immer häufiger kaum Torchancen erspielt. Der Österreicher kann weiter nicht für einen Langzeitvertrag werben. „Wir haben in der ersten Halbzeit nicht gut gespielt. Schalke hatte die besseren Chancen. Wir mussten nach dem Rückstand kommen, haben es nicht gut gemacht.“

Schon am kommenden Sonnabend droht weiteres Unheil, wenn der formstarke neue Tabellendritte aus Leverkusen in Dortmund gastiert. Dass sich Michy Batshuayi kurz vor dem Schlusspfiff verletzte, vergrößerte die Sorgen zusätzlich. Mit der Trage musste der Torjäger nach einem Zweikampf vom Platz gebracht werden.

Für Schalke steht nun schon am Mittwochabend das nächste bedeutende Spiel an, das DFB-Pokal-Halbfinale gegen Eintracht Frankfurt. „Jetzt gibt es ein bisschen was zu feiern“, sagte Tönnies, „aber am Mittwoch geht es im Pokal weiter. Und Hurra schreien wir erst, wenn wir in der Champions League sind.“