Hamburg. Max Münsterberg ist nach Knieschaden wieder bereit, dem Hamburger Judo-Team zur Titelverteidigung zu verhelfen

Seine Müdigkeit ist nicht zu übersehen. Aber wer um das Pensum weiß, das Max Münsterberg sich in diesen Tagen auferlegt, wird sich darüber nicht wundern. Nachtschicht bei der Bereitschaftspolizei wäre ja schon Grund genug für ein paar Ringe unter den Augen. Aber an diesem Sonnabend (17 Uhr, Sporthalle Wandsbek) will der 26-Jährige wieder auf der Matte stehen, wenn der deutsche Mannschaftsmeister Hamburger Judo-Team (HJT) zum Heimauftakt in die Bundesligasaison 2018 den Godesberger JC empfängt. Dafür muss er regelmäßig trainieren. Und weil bis zu seinem angestammten Gewichtslimit von 81 Kilogramm noch ein bisschen fehlt, darf Max Münsterberg pro Tag nur einen Liter trinken. Das schlaucht.

Stören tut es ihn nicht. „Ich bin doch froh, dass ich überhaupt wieder die Chance habe dabei zu sein“, sagt er. Dass er es zurück ins Bundesligateam schaffen würde, war tatsächlich nicht abzusehen. Am 24. September 2016 war sein Knie komplett zerstört worden. Beim Viertelfinalrückkampf gegen Rüsselsheim landete er nach einem Wurfversuch seines britischen Gegners Gary Hall so unglücklich auf dem Unterbein, dass Kreuzband und Meniskus an- und die Innenbänder durchrissen. Vier Monate komplette Sportpause folgten, anschließend umfangreiche Rehamaßnahmen – und dazu immer der quälende Gedanke, die Verbeamtung auf Lebenszeit zu riskieren, wenn er für den Polizistenberuf körperlich nicht voll auf der Höhe sein könnte. „Mehr als einmal habe ich an das Karriereende gedacht“, sagt er.

Doch sein Sport hat ihn im Klammergriff gehalten. Schon als Baby war er über die Matte gekrabbelt, wenn Mutter Bärbel bei der SV Polizei Kindertraining gab. Judo, das ist für ihn mehr als bloße Leibesertüchtigung. „Ich liebe es, mich direkt mit einem Gegner zu messen und zu wissen, dass ein einziger Fehler entscheidend sein kann für die Niederlage, egal wie gut man vorher gewesen ist“, sagt er. Die mentale Komponente des Kampfsports habe nicht nur immens dazu beigetragen, Disziplin und Selbstbewusstsein zu schulen. Sie helfe ihm nun in seinem Beruf auch, psychische Ausnahmesituationen wie beispielsweise die Einsätze während des G-20-Gipfels im vergangenen Juli besser zu überstehen. „Ich weiß, dass ich mich und meine Kollegen verteidigen kann, und das am besten, wenn ich meine Hände frei habe, anstatt Pfefferspray oder Schlagstock zu benutzen“, sagt er.

Weil er seinen Sport also liebt und ihn, neben gelegentlichen Angelausflügen, als Ausgleich zum Beruf braucht, kehrte der Absolvent der Eliteschule des Sports am Alten Teichweg zu dieser Saison ins HJT zurück – und das mit Nachdruck. Zum 14:0-Auftaktsieg in Potsdam am Ostersonnabend steuerte der Eimsbüttler zwei deutliche Erfolge bei. Dass er in der 90-Kilo-Klasse antrat, könnte angesichts der starken internen Konkurrenz im 81-Kilo-Limit um Weltmeister Alexander Wieczerzak, Dominic Ressel und den niederländischen Neuzugang Frank de Wit ein Fingerzeig gewesen sein. Dennoch will Münsterberg den Konkurrenzkampf annehmen; auch deshalb, weil seine schwere Verletzung im 90-Kilo-Limit passiert war.

Für die Identifikation ist ein Hamburger Kern sehr wichtig

Einen Mann wie ihn wieder im Kader zu haben, ist für Teammanager Sascha Costa und Chefcoach Slavko Tekic aber auch aus einem anderen Grund wichtig. Münsterberg, 2009 als 17-Jähriger erstmals im Bundesligaeinsatz, ist ein Urgestein des harten Hamburger Kerns, auf den man zwecks Identifikation in den Hauptrundenkämpfen deutlich mehr setzen möchte. Dass er in Potsdam der einzige Kämpfer mit Lokalkolorit war, hat dem Club Kritik eingebracht. „Wir haben in jeder Gewichtsklasse einen Hamburger, und alle werden gebraucht. Aber die Stärke unseres Teams ist es ja gerade, dass alle zueinanderstehen und sich als Hamburger fühlen“, sagt er. Zum dritten Mal in Folge Meister zu werden, das ist das gemeinsame Ziel. Dafür werden Max Münsterberg und seine Kollegen am Sonnabend hellwach sein.