München. Eintracht-Trainer macht von Ausstiegsklausel Gebrauch – und kann beim Rekordmeister wohl mit beiden Publkumslieblingen planen.

Die monatelange Trainersuche des FC Bayern München ist beendet: Niko Kovac von Eintracht Frankfurt wird im Sommer als Nachfolger von Jupp Heynckes zum deutschen Fußballmeister wechseln. „Es ist wahr. Niko Kovac wird zum 1. Juli Trainer des FC Bayern München“, bestätigte Sportdirektor Hasan Salihamidzic am Freitag. Die Verantwortlichen hätten sich am Vortag mit dem 46 Jahre alten Kroaten getroffen und auf einen Dreijahresvertrag geeinigt. „Niko war Spieler bei Bayern, er kennt die handelnden Personen sowie die Strukturen und die DNA des Clubs sehr gut. Wir sind überzeugt, dass er der richtige Trainer für die Zukunft des FC Bayern ist.“

„Bild“ und „Sport-Bild“ hatten am Donnerstagabend als Erste über diesen Wechsel berichtet, der „Kicker“ vermeldete kurz darauf ein entscheidendes Detail: Kovacs bis 2019 laufender Vertrag in Frankfurt enthält eine Ausstiegsklausel, die ihm gegen Zahlung einer Ablösesumme von 2,2 Millionen Euro einen sofortigen Wechsel zum FC Bayern oder einem anderen europäischen Spitzenclub ermöglicht.

Lob von Heynckes

Salihamidzic bestätigte diese Klausel. Deshalb ist der frühere HSV-Profi Kovac im Gegensatz zu anderen Kandidaten wie Ralph Hasenhüttl von RB Leipzig oder Jürgen Klopp vom FC Liverpool zur neuen Saison verfügbar.

Von seinem Vorgänger gab es nur lobende Worte für Kovac. "Er hat eine Biografie, die sehr, sehr positiv ist. Er arbeitet in Frankfurt mit sehr vielen unterschiedlichen Spielertypen und Nationalitäten zusammen. Das macht er exzellent. Deshalb ist er sicher prädestiniert, den FC Bayern zu trainieren", sagte Heynckes.

Eintracht wirft Bayern Respektlosigkeit vor

Niko Kovac (r.) hat Eintracht-Sportdirektor Fredi Bobic mit seinem Abgang überrumpelt
Niko Kovac (r.) hat Eintracht-Sportdirektor Fredi Bobic mit seinem Abgang überrumpelt © WITTERS | Sebastian Widmann

Verlierer des Deals ist die Eintracht. Die Frankfurter sind sehr verärgert über die Vorgehensweise bei der Veröffentlichung der Verpflichtung von Kovac als Trainer. „Wir haben viele wichtige Spiele in den nächsten Wochen und wir haben uns zuletzt sehr viel erarbeitet“, sagte Eintracht-Sportvorstand Fredi Bobic am Freitag. „Deshalb ist dieser Zeitpunkt für uns kein glücklicher. Dass Informationen so durchsickern, ist sehr ärgerlich, sehr unprofessionell und sehr respektlos.“ Das seien Dinge, die er „so unter Kollegen in der Bundesliga noch nicht erlebt habe“.

Kovac ist nach seiner Aussage erst am Donnerstag vom Bundesliga-Konkurrenten FC Bayern kontaktiert worden. „Das hat mich schlagartig getroffen“, sagte der 46-Jährige, der wochenlang jeglichen Kontakt nach München abgestritten hatte. „Es ist ein Tag gewesen, den ich noch nie erlebt habe. Ich habe einen Anruf und auch ein Vertragsangebot bekommen“, sagte Kovac. „Das habe ich angenommen.“

Bruder Robert kommt mit

Zu verhandeln sind jetzt nur noch letzte Vertragsdetails und die Besetzung eines Co-Trainer-Postens. Seinen Bruder Robert wird Kovac auf jeden Fall von Frankfurt nach München mitnehmen. Gesucht wird dann noch ein erfahrener Assistent, der entweder wie aktuell schon bei der Eintracht Armin Reutershahn heißen oder der enge Heynckes-Vertraute Peter Hermann bleiben könnte.

Niko Kovac als Bayern-Spieler 2003 mit der Meisterschale
Niko Kovac als Bayern-Spieler 2003 mit der Meisterschale © imago/Horstmüller

Kovac galt nie als 1A-Lösung der Bayern, wohl aber als Kandidat, auf den sich Präsident Uli Hoeneß, Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Salihamidzic gemeinsam einigen konnten. Denn für Kovac spricht etwas, was bereits beim überraschenden Verlauf der Sportdirektoren-Suche eine entscheidende Rolle spielte: sein Stallgeruch als früherer Bayern-Spieler in den Jahren 2001 bis 2003.

Seitdem ist Kovac auch gut mit Salihamidzic befreundet. Im Gegensatz zu Hasenhüttl oder Julian Nagelsmann von 1899 Hoffenheim bringt er auch internationale Erfahrung mit nach München: Denn Kovac war bei der WM 2014 Trainer der kroatischen Nationalmannschaft.

Schwerer Schlag für die Eintracht

Am meisten hat er sich aber durch seine erfolgreiche Arbeit in Frankfurt für den mit Abstand wichtigsten und herausforderndsten Trainerposten der Bundesliga empfohlen. Als Kovac die Eintracht am 8. März 2016 übernahm, stand sie noch kurz vor dem Abstieg. Vor dem Spiel beim direkten Konkurrenten Bayer Leverkusen an diesem Sonnabend (15.30 Uhr/Sky) ist sie aber nur zwei Jahre später ein ernsthafter Champions-League-Kandidat, der in der nächsten Woche zum zweiten Mal nacheinander das Finale des DFB-Pokals erreichen könnte.

„Ich denke, dass er da als Trainertyp perfekt hinpassen würde“, sagte Frankfurts Star Kevin-Prince Boateng schon im Januar über einen möglichen Wechsel von Kovac zu den Bayern. Und legte in der vergangenen Woche in zwei Interviews nach: „90 Prozent unseres Erfolgs ist Niko Kovac.“ „Er macht jeden Spieler besser.“

Die Eintracht trifft sein Weggang deshalb auch „wie ein Keulenschlag“, wie die „Frankfurter Rundschau“ am Freitag schrieb. Kovac hat diesen Verein wie auch seine Mannschaft seit zwei Jahren fest im Griff. Er hat vermeintlich schwierige Spieler wie Boateng uneingeschränkt hinter sich gebracht und auch Jungprofis wie Marius Wolf oder Luka Jovic auf beeindruckende Weise entwickelt.

Kovac ist nicht erste Wahl

Im Wissen um seine Ausstiegsklausel stellt sich die Eintracht aber schon länger auf einen Weggang ihres Erfolgstrainers ein. Als mögliche Nachfolger brachte die „Bild“-Zeitung am Freitag bereits Markus Weinzierl, Roger Schmidt und David Wagner ins Gespräch.

Kovac selbst muss in München aber auch gegen Vorbehalte anarbeiten. Er hat in seiner Trainerkarriere noch kein Champions-League-Spiel bestritten und auch keinen Titel gewonnen. Zudem ist bekannt, dass die Bayern zunächst unbedingt den 72 Jahre alten Heynckes zum Weitermachen überreden wollten und dann vor drei Wochen auch eine Absage von Thomas Tuchel kassierten. Dennoch sagte Salihamidzic: „Niko Kovac ist der perfekte Trainer für uns. Er arbeitet sehr akribisch und sehr fleißig. Das ist das, was wir brauchen.“

Angebote für Ribéry und Robben

Kovac kann wohl mit den Publikumslieblingen Franck Ribéry und Arjen Robben planen. Wie Sportdirektor Hasan Salihamidzic am Freitag bestätigte, hätten beide ein Vertragsangebot für ein weiteres Jahr vorliegen. "Wir haben mit Arjen und Franck in den letzten Tagen Gespräche geführt. Ihnen liegt ein Angebot bis zum jeweils 30. Juni 2019 vor, sie müssen nur Bescheid sagen", sagte Salihamidzic.

Für Ribéry (35) wäre es die zwölfte, für Robben (34) die zehnte Spielzeit bei den Münchnern. Die Clubbosse um Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Präsident Uli Hoeneß trauen dem Offensivduo offenkundig zu, weiter auf höchstem Niveau zu spielen. Dass die beiden angesichts der jüngeren Konkurrenz auf dem Flügel mit Kingsley Coman (21) und Serge Gnabry (22) möglicherweise auf weniger Einsätze kommen werden, haben sie wohl akzeptiert.