Valencia. Spaniens Rafael Nadal meldet sich gesund – Zverev leidet noch unter Jetlag

Arm in Arm standen sie vor dem roten Teppich mit dem Wappen der Stadt Valencia, der den Kristallsaal des Rathauses schmückt. Rafael Nadal und Alexander Zverev, die Nummer eins und die Nummer vier der Tenniswelt, strahlten Zuversicht aus, während sie in die zu Dutzenden auf sie gerichteten Kameras blickten. Auch wenn die Auslosung für das Daviscup-Viertelfinale die Topspieler Spaniens und Deutschlands erst am Sonntag (11 Uhr) zusammenführte: Dass Nadal und Zverev für ihre Mannschaften antreten, verleiht dem 17. Duell der beiden großen Tennisnationen im wichtigsten Teamwettkampf eine besondere Magie.

Vor allem um den 31 Jahre alten Mallorquiner hatte es lange Unklarheit gegeben. Seit den Australian Open Ende Januar hat Nadal nicht gespielt, zunächst stoppte ihn eine Blessur am Hüftbeuger, dann eine Hüftverletzung. „Ich kann nicht einschätzen, bei wie viel Prozent ich bin. Aber ich habe gut trainiert und fühle mich bereit dafür, mein Bestes zu geben“, sagte der Sandplatzkönig, der am Freitag im zweiten Einzel gegen den Augsburger Philipp Kohlschreiber (34) gefordert ist. Angesichts einer 1:14-Bilanz geht der Weltranglisten-34. als Außenseiter auf den Court. „Von Nadal erwarten alle den Sieg. Wenn ich gleich voll da bin, kann ich ihn vielleicht überraschen“, sagte Kohlschreiber.

Gleich voll da zu sein, das dürfte für Zverev die größte Herausforderung darstellen. Der Hamburger muss im Eröffnungseinzel (11.30 Uhr/live im Internet bei dazn.com) gegen Altmeister David Ferrer (36/Nr. 33) antreten. Da er nach seiner Finalteilnahme beim Masters in Miami erst zu Wochenbeginn in Spanien eintraf, leidet der 20-Jährige noch unter Jetlag und hatte nur zwei Trainingseinheiten auf Sand.

„Die letzten Tage bin ich erst gegen 12 Uhr aufgestanden. Das wäre morgen zu spät. Aber ich werde es schon irgendwie schaffen, und im Match wird alles okay sein, auch wenn David schon seit Wochen auf Sand spielt“, sagte Zverev, der gegen Ferrer eine 2:2-Bilanz hat, ihn aber auf Sand noch nicht schlagen konnte. Für das Doppel (Sa, 14 Uhr) wurden Feliciano und Marc Lopez, der kurzfristig den an der linken Hand verletzten Pablo Carreno Busta ersetzt, sowie Tim Pütz (30/Frankfurt/M.) und Jan-Lennard Struff (27/Warstein) nominiert.

Die Arena am Plaza de Toros, gelegen direkt im Zentrum der mit rund 780.000 Einwohnern drittgrößten Stadt Spaniens, ist atemberaubend. Wenngleich dem ausländischen Besucher der Atem stockt im Bewusstsein, dass in dem 8000 Zuschauer fassenden Oval üblicherweise Stierkämpfe ausgetragen werden, elektrisiert die Aussicht auf die Atmosphäre in der ausverkauften Spielstätte auch die deutschen Asse, die seit Montag auf dem Matchcourt trainieren konnten. „Fantastisch, dass in der Stierkampfarena gespielt wird. Das kannst du mit Geld gar nicht wettmachen“, sagte Boris Becker, Head of Men’s Tennis im DTB, der täglich mit den Spielern auf dem Platz steht.

Dass einige Experten den Deutschen unabhängig von der Aufstellung der Gastgeber, die seit 1999 im Daviscup daheim unbesiegt sind, in diesem Jahr sogar den ersten Titelgewinn seit 1993 zutrauen, liegt vor allem an Zverev. „Natürlich ist es enorm wichtig, einen Top-fünf-Spieler zu haben, der überall und gegen jeden seine beiden Einzel gewinnen kann“, sagt Michael Stich (49), der vor 25 Jahren beim 4:1 gegen Australien im deutschen Siegerteam stand. „Aber maßgeblich geht es darum, als Team zusammenzuhalten und über sich hinauszuwachsen. Wenn jeder Spieler seine Rolle annimmt und gern ausfüllt, kann man als Einheit viel erreichen“, sagt er.

Das sieht auch der langjährige Daviscup-Spieler Nicolas Kiefer so. „Man darf sich nie nur auf einen Spieler stützen. Im Daviscup ist es die Kunst, alle Teammitglieder als gleich wichtig zu betrachten“, sagt der 40-Jährige. Vom Titel zu reden, nur weil man mit Zverev über einen Top-fünf-Spieler verfügt, sei falsch, weil unnötiger Erwartungsdruck geschürt werde. „Sascha braucht Zeit, um sich und seine Rolle im Team zu finden. Aber soweit ich es beurteilen kann, ordnet er sich genauso unter wie die anderen. Für seine Entwicklung ist es positiv, dass er spürt, wie wichtig es ist, sich in ein Team einzuordnen.“

Trainer Kohlmann glaubt an die Titelchance seines Teams

Teamchef Michael Kohlmann (44) hat die Überzeugung gewonnen, dass dies seine Spieler verstanden haben. „Alle wollen Teil dieses Teams sein. Ich weiß nicht, wann wir das zuletzt in dieser Form hatten. Wir haben das Gefühl, dass wir einfach mal dran sind.“ Sowohl Stich als auch Kiefer sehen Kohlmanns Auswahl als chancenreichen Außenseiter. „Spanien ist als Gastgeber auf Sand Favorit. Aber wenn Zverev sein aggressives Spiel durchzieht und es nach den ersten Einzeln 1:1 steht, werden die Spanier auch nervös“, glaubt Kiefer. Beide Altstars setzen zudem Hoffnungen in den zweiten Einzelspieler. „Kohlschreiber hat viel Routine, er kann davon profitieren, dass
alle auf Zverev schauen“, sagt Stich.

Wer dennoch die Spanier vorne sieht, kann seine Hoffnung aus der Statistik ziehen. 16-mal spielten die Teams bislang im Daviscup gegeneinander, zehnmal siegte Deutschland, zuletzt 2014 in der ersten Runde 4:1 in Frankfurt am Main. Und der letzte Sieg in Spanien gelang 1980 in: Valencia.