Hamburg. St. Paulis Athletiktrainer berichtet über seine Gefühle vor der schwierigen Operation. „Ich habe Erleichterung gespürt, keine Todesangst“

Seit ein paar Tagen ist er wieder regelmäßig im Trainingszentrum des FC St. Pauli zu sehen. Am Mittwoch joggte Janosch Emonts mit Torwart Svend Brodersen um die Rasenplätze. Lächelnd begrüßte der 32 Jahre alte Athletikcoach die Trainingskiebitze – ganz so, als sei nichts gewesen.

Davon kann allerdings ganz und gar nicht die Rede sein. Am Mittwoch berichtete Emonts zum ersten Mal öffentlich darüber, wie er mithilfe von Ärzten und Therapeuten eine schwere Erkrankung besiegte. Es war Ende September vergangenen Jahres, als seine Rückenschmerzen, die auch in andere Körperregionen strahlten, plötzlich so stark wurden, dass er das anstehende Auswärtsspiel des Profiteams nur mithilfe von Medikamenten überstehen konnte. Am Montag danach ließ er sich eingehend untersuchen. „Das MRT sollte 15 Minuten dauern, am Ende waren es eine Stunde und 15 Minuten. Da konnte ich mir schon einiges denken“, berichtet er. Die Gewissheit kam einen Tag später nach weiteren Untersuchungen. „Ein Tumor im Rückenmark zwischen dem siebten und achten Brustwirbel“, lautete die Diagnose. Eine Operation war notwendig, wenn auch nicht sofort.

„Ich spürte vor allem eine Erleichterung. Die Diagnose hat viel erklärt, warum ich in all den Jahren die Beschwerden hatte. Erst im zweiten Moment kam ein kleiner Schock und Trauer dazu, weil ich vielleicht besser als der Durchschnittsmensch weiß, was in der Folge auf mich zukommt und wie hoch die Risiken sind“, erzählt er. Doch schon in dieser Phase überwog der Optimismus. „Ich habe auch den Spielern gesagt, dass eine Veränderung im Leben nicht schlimm ist, sondern die Chance auf eine Verbesserung bedeutet“, sagt er. „Ich sah und sehe für mich darin auch die Chance, meinen Fokus im Leben stärker auf meine Frau, Familie und Freunde zu lenken.“

Die Nachricht wollte Emonts Ehefrau Laura, die in Tschechien Profi-Volleyballerin ist, und auch seinen anderen Familienmitgliedern nicht am Telefon mitteilen. Der Zufall wollte es, dass seine Frau ein spielfreies Wochenende hatte, das sie mit ihren Eltern in Wien verbrachte. „Wir trafen uns am Freitagabend im Hotel, am Sonnabend wollte ich es erzählen“, erzählt Emonts. Der Plan ging nicht auf. „Frauen merken eben sofort, wenn etwas nicht stimmt.“ Danach fuhr er noch zu seinen Eltern und seiner Schwester im Raum Aachen.

Am 11. Oktober war es so weit. Welche Rolle spielte die Furcht, die Operation könnte misslingen? „Ich hatte keine Todesangst, weil ich daran gar nicht gedacht habe“, sagt Emonts. Auch das Risiko, künftig auf den Rollstuhl angewiesen zu sein, betrachtete er weniger als Gefahr für sich. „Ich habe mich mehr damit beschäftigt, was das für meine Frau und Familie bedeuten könnte.“

Statt der geplanten dreieinhalb dauerte die Operation, die die Spezialisten Manfred Westphal und Sven Oliver Eicker vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) vornahmen, sechs Stunden. Der Tumor war zwei Zentimeter lang und eineinhalb Zentimeter breit. Das Rückenmark ist an dieser Stelle normal nur einen Zentimeter breit. „In Europa können nur diese beiden Ärzte den Eingriff so durchführen, dass man nicht querschnittsgelähmt ist“, sagt Emonts.

Derzeit befindet er sich in der Wiedereingliederungsphase. Mit zwei Stunden Arbeit am Tag hat er angefangen, jetzt sind es schon vier. Noch spürt Emonts Nachwirkungen des Eingriffs. „Aber manches kann ich jetzt besser als vorher.“ Pro Tag gönnt er sich nun eine halbe Stunde Zeit, um komplett abzuschalten.