Dortmund/München. Das 0:6 in München zeigt auf, wie dringend der BVB einen Umbruch braucht – Gala von Bayerns James

Über die Ostertage wurden die Tore zugesperrt, Borussia Dortmund trainierte unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Es gab einiges aufzuarbeiten – und das in deutlichen Worten, die nicht für fremde Ohren bestimmt waren. Denn das 0:6 beim FC Bayern hat den Club erschüttert – vor allem wegen der Art und Weise, wie die höchste Bundesliga-Niederlage seit 27 Jahren (0:7 in Stuttgart) zustande kam.

Im Dortmunder Trikot liefen statt einer Mannschaft elf hilflose Individualisten auf: Gonzalo Castro gewann bis zu seiner Auswechslung nach 29 Minuten keinen einzigen Zweikampf. Mittelstürmer Michy Batshuayi hatte im ersten Durchgang ganze 13 Ballkontakte – fünf davon beim Anstoß. Der Rest der Mannschaft war kaum besser.

„So etwas passiert, wenn man die Grundtugenden komplett weglässt“, schimpfte Sportdirektor Michael Zorc, „wenn man die Zweikämpfe nicht nur nicht führt, sondern sie gar nicht erst sucht.“ Hätten sich die Bayern in der zweiten Halbzeit nicht für die Champions League geschont, das Ergebnis wäre noch deutlicher ausgefallen.

So lag Peter Stöger später sogar richtig, als er bilanzierte: „Wir sind mit anderthalb blauen Augen davongekommen.“ Und dass das Spiel seine „Position sicher nicht gestärkt“ hat, wie er später im ZDF einräumte. Bis zum Debakel von München war Stögers Bundesliga-Bilanz vorzeigbar, von zwölf Bundesligaspielen hatte er keines verloren. Aber: Gegen den Tabellenführer ließen die Dortmunder nicht zum ersten Mal ein spielerisches Konzept vermissen. Stöger gelingt es bislang nicht, das Potenzial des Kaders auszureizen.

„Mein Leben definiert sich nicht darüber, dass ich beim BVB an der Seitenlinie stehe“, ließ der Österreicher wissen – machte aber auch deutlich, dass seine Position nicht die einzige Baustelle sei: Es seien „nicht nur Rädchen, es sind Räder, die man drehen muss“. In München würde in aller Deutlichkeit vorgeführt, wie dringend und wie umfassend der Kader renoviert werden muss.

Auch beim Blick auf die Gegenseite: Robert Lewandowski erzielte drei Tore für die Münchener, Mats Hummels verteidigte überragend – beides Spieler, die einst in Schwarz-Gelb aufliefen und nie gleichwertig ersetzt werden konnten. Nicht qualitativ und schon gar nicht als Persönlichkeit.

Matthias Sammer, der dabei helfen soll, dies künftig zu ändern, hat sich schon früher Gedanken um die perfekte Struktur einer Mannschaft gemacht. Es braucht eine gesunde Mischung aus Führungspersönlichkeiten, Mannschaftsspielern und Individualisten. Mannschaftsspieler hat der BVB genug, Individualisten nur wenige und Führungsspieler kaum noch.

Die wankelmütigen Leistungen haben viele Ursachen, wohl auch den Anschlag vor fast genau einem Jahr, den viele Spieler noch immer nicht verarbeitet haben. Doch im Ergebnissport Fußball ist für Rücksicht nur wenig Platz. Will sich der BVB nicht dauerhaft aus der deutschen und europäischen Spitze verabschieden, bleibt die Qualifikation für die Champions League Pflicht. Und will man dort bestehen, braucht der Kader frisches Blut: einen oder besser zwei passsichere Innenverteidiger, Alternativen für die defensiven Außenbahnen, einen defensivstarken und zweikampfstarken Akteur für das defensive Mittelfeld und einen treffsicheren Stürmer.

Das Problem: Der BVB hat zwar viel Geld eingenommen – aber nicht genug, um für all diese Positionen gehobene Klasse zu verpflichten. Er muss also Spieler abgeben. Viele Profis verdienen in Dortmund allerdings sehr gut, leisten aber aktuell zu wenig, um woanders Begehrlichkeiten zu wecken.

Rummenigge lobt Bayerns Spielgestalter James

Auch bei den Bayern stehen Personalentscheidungen an. So laufen die Verträge der Altstars Franck Ribéry und Arjen Robben aus. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge betonte: Beide sind tolle Spieler, die einen total hohen Stellenwert bei uns genießen.“ Für Mitte April sind Gespräche geplant. Man muss sich auch manchmal Ruhe geben und in aller Seriosität die Dinge diskutieren, und das machen wir“, versicherte Rummenigge. „Es gibt überhaupt keine Problematik.“

Der 62 Jahre alte Vorstandschef lobte zudem den Werdegang von Spielgestalter James Rodríguez in München, der gegen Dortmund den Dirigenten eines perfekt abgestimmten Bayern-Orchesters gab. „Er hat sich wunderbar entwickelt, speziell seitdem Jupp Heyn­ckes Trainer ist. Das war ein sehr, sehr guter Transfer, dazu muss ich Carlo Ancelotti noch mal beglückwünschen“, sagte Rummenigge.

Heynckes’ beurlaubter Vorgänger hatte sich für die Verpflichtung von James 2017 von Real Madrid eingesetzt. „Wir haben ja klare Verhältnisse, was die Vertragsgestaltung betrifft. Er hat einen Zweijahresleihvertrag, und dann haben wir eine Kaufoption für 42 Millionen“, erklärte Rummenigge.