Hamburg. Ewald Lienen hält Laudatio für UHC-Hockeycoach Claas Henkel – auch Guido Fratzke ausgezeichnet

Für einen Moment hörte es sich so an, als müssten sich die Hockeydamen des Uhlenhorster HC auf ein gehöriges Donnerwetter einstellen. „Ich hatte angeordnet, dass die Mannschaft ohne mein Beisein eine Athletikeinheit absolvieren soll. Meine Autorität wurde schamlos untergraben, das letzte Bisschen Respekt ist abhanden gekommen. Nun werden Köpfe rollen“, sagte Claas Henkel. Der für seinen Sinn für Ironie bekannte UHC-Chefcoach wurde am Dienstagabend auf dem Jahresempfang des Hamburger Sportbundes (HSB) vor 200 Gästen aus Sport, Wirtschaft und Politik als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Und natürlich freute er sich, dass als Überraschungsgäste auch seine Spielerinnen im Haus des Sports mitfeierten.

In der Saison 2017 hatte der 38-Jährige, der seine Mannschaft gern als „meine tollen Tanten“ bezeichnet, mit den „Uhlen“ das nationale Double aus Feld- und Hallenmeisterschaft gewonnen. „Mit der Verbindung seiner Fähigkeiten mit dem Potenzial seiner Mannschaft ging Claas Henkel auf seinen außergewöhnlich erfolgreichen Weg“, lobte Ewald Lienen, Technischer Direktor des FC St. Pauli, in seiner Laudatio, in der er den Preisträger als „eierlegende Wollmilchsau“ bezeichnete. Wer weiß, dass der gebürtige Potsdamer auch als Co-Trainer der UHC-Herren und noch bis Ende März in Doppelfunktion für den Marienthaler THC als Jugendkoordinator arbeitet, kann dies nur unterstreichen.

Die Jury würdigte vor allem Henkels Fähigkeit, bei den UHC-Damen eine Balance aus sportlichem Anspruch und familiärem Umfeld zu bewahren. In eine mit Nationalspielerinnen gespickte Auswahl verstand der gelernte Journalist stets, Talente aus den eigenen Reihen einzubinden. Nachdem im Sommer gut ein halbes Dutzend Auswahlakteurinnen den Verein verlassen hatten, lenkte der Familienvater, der mit seiner Frau Maria und den Kindern Oskar (6), Helene (3) und Matilde (fünf Monate) in Sasel lebt, den Neuaufbau in geordnete Bahnen.

Henkel selbst, der 2013 vom Münchner SC nach Hamburg gewechselt war und seitdem fünf deutsche Meistertitel und einen Hallen-Europapokalsieg feiern konnte, wollte nicht verhehlen, dass ihn die Einzelauszeichnung ein Stück weit überforderte. Zuletzt habe er als Drittklässler in der DDR einen Buchstabierwettbewerb gewonnen. „Im Teamsport ist Erfolg immer die Summe der Leistungen aller Teammitglieder. Deshalb ist es ganz klar, dass diese Auszeichnung zwar eine große Ehre für mich, aber vor allem eine Belohnung für die Arbeit des gesamten Vereins ist“, sagte er.

Der Teamgedanke ist auch für den Mann Antrieb, der – erstmals am selben Abend – als Trainer des Jahres im Nachwuchsleistungssport geehrt wurde. Das mag überraschen, weil Guido Fratzke als Hamburger Landestrainer und Honorarbundestrainer im Einzelsport Tennis tätig ist. „Aber die Arbeit mit den besten Talenten ist das, was mir am meisten Spaß bereitet, besonders bei Teamevents, weil nichts schöner ist, als gemeinsam Siege zu feiern“, sagte der 48-Jährige, der im Taunus aufwuchs und seit 2009 in Hamburg lebt. Neben der Ehre gab es für beide Preisträger dank Lotto Hamburg eine Prämie von jeweils 2000 Euro. Kaum vorstellbar aber, dass diese beiden Teamplayer sie allein für sich behalten

Fratzke trainiert Hamburgs Toptalent Marvin Möller

Fratzkes Namen verbinden Tenniskundige mit Hamburgs Toptalent Marvin Möller (19), dessen Cheftrainer Fratzke ist. „Aber meine Hauptaufgabe sehe ich darin, Konzepte zu erstellen und die politischen Voraussetzungen zu schaffen, damit wir die Grundlagen für optimales Training legen können“, sagte er. Umso mehr freute sich der frühere Bad-Homburger Bundesligaspieler, der auch die Zusammenarbeit des Verbands mit der Eliteschule des Sports am Alten Teichweg koordiniert und als Turnierdirektor das Jugendweltranglistenturnier verantwortet, über die erste persönliche Auszeichnung seines Lebens, „weil sie eine schöne Anerkennung für die Arbeit ist, die wir im
Hintergrund leisten“.

Laudator Ralph Lehnert, Vorstandsvorsitzender des HSB, würdigte Fratzke nicht nur für sein Engagement in der Betreuung der Nachwuchsathleten, sondern auch als „gute Seele des Hauses. Er löst für Kollegen deren IT-Probleme, ölt die Eingangstür oder repariert die Hallenuhr.“ Was er dagegen gar nicht schätzt an seinem Amt?
„Nominierungen! Unangenehme Entscheidungen treffen und verkünden zu müssen liegt mir gar nicht.“

Claas Henkel kennt solcherlei Probleme. In Bezug auf seine eigene Zukunft steht auch eine wichtige Entscheidung an. Noch immer ist es eine Option, dass er den im Sommer scheidenden Herrentrainer Kais al Saadi beerbt, der ihn vor fünf Jahren nach Hamburg lotste. „Reizvoll wäre das, aber ich bin genauso gern Damentrainer. Wichtig ist mir nur, dass meine Familie und ich weiterhin in diesen großartigen Club eingebettet sind“, sagte er. Das Zusammengehörigkeitsgefühl, das er beim UHC spüre, sei der wichtigste Erfolgsfaktor und der Grund dafür, dass er Abende wie den gestrigen erleben könne. Statt eines Donnerwetters werden es also wohl weiter die Partys sein, die krachen beim UHC.

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