Hamburg. Wieder Randale nach dem Spiel: HSV-Anhänger wollten in den Kabinentrakt gelangen – Schlägereien zwischen Fans auf der Tribüne

Als der Bus am Sonnabend um 14.05 Uhr auf die Sylvester­allee einbog, war noch ein Hauch von Euphorie zu spüren. 300 Fans folgten dem Aufruf der HSV-Supporters und standen Spalier bei der Ankunft der Spieler – riefen: „Niemals Zweite Liga!“

Doch nur 200 Minuten später kippte die Stimmung. Nach dem 1:2 gegen Hertha kam es auf der Nordtribüne und vor dem Stadion zu Tumulten, die zu neun Verletzten, sechs vorläufigen Festnahmen und 95 festgesetzten Zuschauern führte. Direkt nach dem Schlusspfiff lieferten sich Fangruppierungen des HSV eine Schlägerei in Block 25A, unter ihnen auch Vermummte.

„Im Verlauf der zweiten Halbzeit ist die Unterstützung von den Fans eingestellt worden. Das führte zu Reibereien im Block zwischen denen, die für die Stimmung verantwortlich sind und denen, die darauf antworten“, sagte HSV-Vorstand Frank Wettstein am Sonntagmorgen. Die Polizei, die mit 483 Einsatzkräften vor Ort war, musste einschreiten und trennte beide Fanlager.

Als sich die Lage auf den Rängen gerade wieder beruhigt hatte, kletterten einzelne HSV-Anhänger, die unter anderem der Ultragruppe Clique du Nord angehören sollen, über den Zaun, um zur Geschäftsstelle zu gelangen. Ordner, die sich in den Weg stellten, wurden angegriffen, sodass die Polizei erneut einschreiten musste. Diesmal setzten die Beamten Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Von den Rängen wurden Böller auf das Sicherheitspersonal geworfen. Der versuchte Sturm des Innenraums konnte verhindert werden, sechs HSV-Fans wurden vorübergehend festgenommen.

Wenig später folgten weitere Ausschreitungen vor der Osttribüne. 95 Zuschauer, die von der Polizei der Ultraszene zugeordnet werden, versuchten, zunächst durch das Treppenhaus und später über die Buseinfahrt in den angrenzenden Spielertunnel zu gelangen. Beide Versuche scheiterten durch das schnelle Eingreifen von zwei Hundertschaften der Polizei.

Als die Polizisten daraufhin angegriffen wurden, rückten sie mit Verstärkung an und hielten die Gewalttäter vorübergehend in zwei Gruppen am HSV-Campus (69 Personen) sowie an der Parkplatzausfahrt (26) fest. Außerdem wurden der VIP- und Mitarbeiter-Parkplatz gesperrt. Nach 45 Minuten gab die Polizei das Gelände wieder frei, gegen 20 Uhr wurde der letzte Kriminelle nach dem Feststellen der Personalien wieder freigelassen. Die traurige Bilanz: Sechs Ordner, zwei HSV-Fans und eine Polizistin wurden verletzt.

Die Beamten gehen davon aus, dass es sich bei den gewaltbereiten Ultras vor dem Stadion um dieselbe Fangruppierung handelt, die zuvor versucht hatte, über das Spielfeld in den Kabinentrakt zu gelangen. Der Verein streitet hingegen ab, dass es sich ausschließlich um Mitglieder der HSV-Fanszene gehandelt habe. „Nur ein kleinerer Teil der knapp 100 festgesetzten Zuschauer gehört dem bekannten Klientel an. Es scheinen auch viele Krawalltouristen dabei gewesen zu sein“, sagte Wettstein, der sich von den Vorfällen distanziert. „Wir verurteilen jegliche Form von Gewalt beim Fußball aufs Schärfste und werden uns eng mit der Polizei abstimmen, was die Strafverfolgung angeht.“ Als erste Maßnahme will der Club mit Stadionverboten reagieren. Die Auswertung des Videomaterials soll zur Ermittlung der Täter führen. „Solche gewaltbereiten Leute wollen wir hier nicht im Stadion haben“, sagte Wettstein. (wal/ks)