München. Pay-TV-Anbieter ist in die Kritik geraten. An der Spieltagszersplitterung trage der Sender aber nicht die Schuld, erklärt Vorstand Schmidt

Vom Geld seines Unternehmens lebt die Fußball-Bundesliga: Carsten Schmidt (54), Deutschland-Chef von Sky, zahlt über 800 Millionen Euro jährlich an die DFL, um fast alle Spiele live im Pay-TV zeigen zu können. Der Vorwurf: Um die Preise für den TV-Vertrag immer höher zu schrauben, werden Sky Zugeständnisse gemacht, die viele Fußballfans ärgern. Zersplitterung von Spieltagen, zu hohe Abo-Gebühren, Doppel-Abo wegen Eurosport: Im Gespräch mit dem Abendblatt nimmt der Sky-Chef zu allen Punkten Stellung – und überrascht mit einer Idee, wie man die Meisterschaft wieder spannender machen könnte.

Herr Schmidt, Sind Sie zufrieden mit der Qualität, die Sie gekauft haben?

Carsten Schmidt: Wenn ich die Nutzung durch unsere Zuschauer sehe, bin ich absolut zufrieden. In der laufenden Saison knacken wir einen Reichweitenrekord nach dem anderen. Am 25. Spieltag beispielsweise sahen 4,9 Millionen Zuschauer die Spiele am Sonnabend und Sonntag linear, weitere 230.000 Zuschauer via Sky Go und Sky Ticket. Dazu kommen durchschnittlich mehr als 900.000 Zuschauer in den Sky Sportsbars. Rechnen Sie mal virtuell hoch, wie die Zahlen wären, wenn wir einen echten Meisterschaftskampf hätten. Den vermisse ich seit geraumer Zeit.

Leidet Sky unter der Übermacht des FC Bayern?

Wir beobachten seit der Saison 2012/13, dass die Meisterschaft schon Weihnachten vorentschieden ist. Das ist ein Problem. Aber das war uns bewusst, als wir die Rechte gekauft haben. Nichtsdestotrotz sind die Bundesliga und 2. Liga für 35 Clubs so spannend wie nie. Auch in diesem Jahr ist der Kampf um die internationalen Plätze fesselnd. Und in der 2. Bundesliga liegen nur zehn Punkte zwischen dem 3. und dem 15. Platz. Eigentlich kann jeder jeden schlagen – außer derzeit Bayern München.

Gegen Sky regt sich Widerstand. Alles wird an Pay-TV ausgerichtet, kostet mehr Geld.

Wir sind uns bewusst, dass es ein Spannungsfeld zwischen Stadionbesuch und Fernsehkonsum gibt. Aber wir sind der falsche Adressat. Uns und allen Mitbewerbern wurde immer wieder gesagt: Die Clubs erwarten in der Uefa Champions League das maximale Geld. Damit waren die Spielregeln in der Ausschreibung klar gesetzt. Dass wir uns um wichtige Rechte bemühen, um damit die Marktposition von Sky weiter zu verbessern, kann man uns nicht vorwerfen.

So einfach können Sie Ihren Einfluss nicht kleinreden. Ist die Zersplitterung des Bundesliga-Spieltags auf fünf Termine nicht auch eine Lex Sky?

Ich kann mit Recht behaupten: Sky hat keine zusätzlichen Anstoßzeiten gefordert. Wir sind mit den fünf Terminen von Freitag bis Sonntag in den vergangenen Jahren sehr gut gefahren. Dazu kommt für die 2. Liga der Montagabend, fester Bestandteil der Fußballwoche.

Nochmals: Sie profitieren doch von zusätzlichen Spielterminen.

Wir sind jetzt und in Zukunft mit den Anstoßzeiten, die es heute gibt, absolut einverstanden. Was die Liga zusätzlich macht, zum Beispiel aus Wettbewerbsgründen ein Montagabendspiel anzusetzen, kann Sky nicht beeinflussen. Von allen Top-Ligen Europas hat Deutschland den kompaktesten Spieltag. Spanien zum Beispiel hat zehn verschiedene Spieltermine.

Dass es in England oder Spanien schlimmer ist mit den Terminen, ist für den Fan in Deutschland ein schwacher Trost. Er will wie früher Sonnabend halb vier und allenfalls Freitagabend. Wäre es Sky recht, die Entwicklung zurückzudrehen?

Das ist nicht mehr zurückzudrehen, wenn der deutsche Fußball seine gute Position und damit die Qualität der Bundesliga beibehalten will. Wir müssen uns auch von dem Wunsch lösen, es allen recht machen zu können. Sonnabend 18.30 Uhr zum Beispiel ist inzwischen etabliert, der Zuschauer weiß diese Anstoßzeit durchaus zu schätzen.

Sehen Sie den Hamburger SV lieber in der ersten oder in der zweiten Liga?

In der ersten, ganz klar. In meinem Bekanntenkreis gibt es viele HSV-Fans. Eine solche Entwicklung eines Publikumsmagneten ist weder für den Verein noch für Sky gut. Im Falle eines Abstiegs bekommen die Zuschauer aber weiter alle Spiele des HSV in der 2. Bundesliga live und exklusiv auf Sky zu sehen.

Wäre es nicht denkbar, den Abstieg wie in den USA auszuschalten?

Auf- und Abstieg sind nicht verhandelbar. Wir brauchen dieses Drama.

Aber in den USA ist die Football-Meisterschaft spannender: Neun verschiedene Sieger in den letzten zehn Super Bowls.

Unser Profisystem in Europa ist nicht vergleichbar mit dem in den USA. Das System mit den Colleges hat kulturell einen anderen Hintergrund.

Man könnte die Sky-Millionen gleichmäßiger an alle Clubs verteilen — und nicht die reichen Clubs noch reicher machen.

Das habe ich schon immer gesagt. Das Leistungsprinzip ist schön und gut. Aber die, die ganz oben stehen, bekommen ohnehin schon sehr viel Geld durch die Uefa Champions League, so dass man in der Bundesliga das Fernsehgeld gleichmäßiger verteilen könnte.

Können Sie nicht beeinflussen, wie man Ihr Geld verwendet?

Nein. Wir hätten uns etwas mehr Mut bei der vergangenen Verteilung der TV-Gelder gewünscht. Aber hätte das einen Unterschied gemacht? Nicht jeder Club kann perfekt mit Geld umgehen. Darum weiß ich auch nicht, ob Bayern München in diesem Fall bis zum 32. Spieltag um die Meisterschaft zittern würde. Aber die Wahrscheinlichkeit erhöht sich. In Zukunft sollte es in diese Richtung gehen.

Die Fans ärgert, dass man ein zweites Abo braucht, um Bundesliga am Freitagabend zu sehen. Warum haben Sie sich nicht mit Eurosport geeinigt?

Im Rahmen der vergangenen Bundesliga-Ausschreibung haben wir für unsere Kunden die maximale Anzahl an Paketen erworben. Mehr war kartellrechtlich nicht möglich. Es gab zahlreiche Gespräche mit Discovery (Eurosport) bezüglich einer Verbreitung der von Discovery erworbenen Bundesliga-Livespiele über Sky. Wir haben ein Angebot unterbreitet, das nicht angenommen wurde.

Für die Fans ist das ärgerlich. Sky hat nicht mehr alle Live-Spiele, aber nimmt das gleiche Geld. Rund 30 Euro im Monat für die Bundesliga — ist das noch angemessen?

Absolut. Die Bundesliga-Rechte kosten im Vergleich zum Jahr 2009 mehr als das Dreifache. Unsere Preissteigerung in neun Jahren betrug nur 14 Prozent. Wir haben also unsere gestiegenen Kosten nicht ansatzweise weitergegeben. Aber dass man zwei Abos für die Bundesliga abschließen muss, liegt nicht an uns, sondern an dem Wunsch nach mehr Innovationswettbewerb.

Kann man mit Sport überhaupt noch Abonnentenzahlen steigern?

Nach unseren Berechnungen gibt es noch Millionen von Haushalten, die sich für Sport und Fußball interessieren und noch kein Sky Abo haben. Aber uns würde schon helfen, wenn zum Beispiel der FC Schalke 04 mal oben in der Meisterschaft angreifen würde. Der Fußball lebt von der Emotion und die transportiert Sky perfekt. Deswegen ist für uns wichtig, dass Wettbewerb in der Bundesliga und in der 2. Liga das höchste Gut ist.