Wolfsburg. Beim 0:3 in Hoffenheim präsentierte sich Bruno Labbadias Team wie ein Absteiger – erneute Relegation droht

Es klingt nach einer 0:3-Niederlage bei 1899 Hoffenheim komisch, aber der VfL Wolfsburg hat Glück. Großes Glück. Denn mit dem 1. FC Köln und dem HSV scheinen die beiden direkten Absteiger aus der Fußball-Bundesliga schon acht Partien vor Saisonende so gut wie festzustehen. Sieben (auf den HSV) und acht Punkte (auf Köln, das aber ein Spiel weniger hat) beträgt der Wolfsburger Abstand auf den Absturz in die Zweite Liga.

Mit dem Auftritt am Sonnabend vor 25.550 Zuschauern in Sinsheim hat sich das Team von Bruno Labbadia allerdings einmal mehr blamiert. Es war die nächste Bankrotterklärung einer Mannschaft, die längst keine mehr ist und die nur zu hoffen scheint, die Saison irgendwie zu beenden, ohne schon wieder „nachsitzen“ zu müssen. Bereits in der vergangenen Saison konnte sich Wolfsburg erst in der Relegation gegen Braunschweig retten. Aber Stand jetzt ist der VfL der Favorit auf die beiden Extraspiele im Mai.

Erst am 20. Februar übernahm Labbadia den Trainerjob vom zurückgetretenen Martin Schmidt. Ihm ist der Niedergang zum geringsten Teil anzulasten – aber er muss es jetzt ausbaden. In seinen drei Partien als VfL-Trainer holte der 52-Jährige nur einen Punkt beim 1:1 in Mainz, dem punktgleichen Konkurrenten, der wegen der schlechteren Tordifferenz (noch) den Relegationsplatz belegt.

Qualität, Mentalität, Teamwork – den Spielern in den VfL-Trikots fehlt es derzeit an allen Ecken und Enden. Alarmierend zudem, dass die Fans weiter auf Abstand gehen. In Hoffenheim verließen die Anhänger die Gästekurve, als die Spieler nach dem Abpfiff zum obligatorischen Applaus vorbeikamen. Und noch eine bemerkenswerte Randgeschichte: Nach Abendblatt-Informationen sollen mehrere Kicker am Freitag zu spät zu einem Termin in der Kabine gewesen sein. Labbadia soll eine Geldstrafe ausgesprochen haben.

In Hoffenheim hätte es zur Pause leicht schon 0:3 oder 0:4 stehen können: Andrej Kramaric (16.), Serge Gnabry und wieder Kramaric (32.), erneut Gnabry (34.) und zum dritten Mal Kramaric (40.) hatten allesamt gute Möglichkeiten, den VfL schon in den ersten 45 Minuten zu demütigen. Doch der tapfere Koen Casteels, ein zufällig herumstehendes Körperteil eines Wolfsburger Verteidigers oder das Aluminium verhinderten eine Flut von Gegentreffern. So traf zunächst nur Nico Schulz (18.) für die Hausherren.

„Wir haben totales Glück gehabt, dass wir zur Halbzeit nur 0:1 zurücklagen“, stellte Labbadia fest, der den indisponierten Origi schon vor der Pause vom Feld nahm. Der Belgier war sicherlich schwach, aber der Trainer hätte auch jeden anderen Spieler seiner Startelf opfern können. „Ich habe“, so Labbadia, „natürlich mit mir gekämpft, weil ich gemerkt habe, wir machen momentan gar nichts mehr richtig.“ In der Defensive passte gar nichts mehr – und im Angriff sowieso nicht.

Die einzige Wolfsburger Chance der Partie (!) vergab Didavi in der 71. Minute, als er eine Hereingabe ans Außennetz grätschte. Ansonsten: nichts, nada, niente. Der VfL ist am Nullpunkt angekommen. Dass Gnabry ohne Gegenwehr das 0:2 erzielen konnte (77.) und ein Slapstick-Eigentor Josuha Guilavoguis (80.) den 0:3-Endstand besorgte, passte ins Gesamtbild, das der Club derzeit abgibt. Langsam, aber sicher wird’s richtig peinlich.

Labbadia, der den HSV 2015 sechs Spieltage vor dem Saisonende übernahm und über die Relegationsspiele gegen den KSC noch den Klassenerhalt mit den Hamburgern schaffte, droht erstmals in seiner Karriere der Abstieg.

„Es ist nicht so lustig, nach so einem Spiel Rede und Antwort zu stehen“, gab Labbadia offen zu. Als wohl größte Schwäche seines Teams im Abstiegskampf hat er das fehlende Selbstvertrauen erkannt. „Eine Mannschaft, die in erster Linie über das Fußballerische kommt, verliert das Selbstvertrauen viel schneller als ein Team, das eher vom Zweikampf lebt.“ Seine Spieler könnten nicht einfach anfangen, wild rumzugrätschen.

Am Sonntag monierte der frühere VfL-Manager Klaus Allofs Identifikationsprobleme bei einigen Profis: „Gerade in Wolfsburg braucht man Spieler, die sich mit der Aufgabe zu 100 Prozent identifizieren. Das war nach August 2015 nicht mehr der Fall, viele Spieler wollten den Verein verlassen“, sagte der Ex-Nationalspieler bei „Wontorra – der Fußball-Talk“ (Sky Sport News HD). Dies habe sich auf die Leistung der Spieler und die Integration der neuen Spieler ausgewirkt.

Angesichts der Talfahrt berichten Medien über die bevorstehende Ablösung von Sportdirektor Olaf Rebbe. Der 38-Jährige bemüht Durchhalteparolen: „Wer segeln will, braucht Wind. Wind haben wir hier auf jeden Fall, vielleicht auch sogar manchmal Sturm. Das gehört dazu, das stehe ich durch.“ Und weiter: „Wir versuchen die Situation zu überstehen und sind sicher, dass wir mit Bruno Labbadia auch da rauskommen.“