Hamburg. Heynckes und Rummenigge fühlen mit dem einstigen Nordrivalen – Hollerbachs verzweifelter Kampf

Zum Abschlusstraining vor der Partie bei Bayern München an diesem Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und Liveticker bei abendblatt.de) am Freitagmittag bat Bernd Hollerbach seine Spieler wieder ins Stadion. So wie es meistens ist vor den Bundesligaspielen. Niemand sollte sehen, was er dort üben ließ. Nur: Man sieht das Ergebnis dieser Arbeit auch auf dem Spielfeld so selten. Die hauptsächlichen Defizite dieser HSV-Mannschaft sind seit Wochen, ja Monaten, die gleichen. „Wir machen zu wenig Tore, doch daran arbeiten wir“, sagte Hollerbach. „Von der Einstellung her kann ich der Mannschaft keinen Vorwurf machen.“

Der Franke in Hamburg wirkte nach dem Vereinsbeben vom Donnerstag noch angeschlagener als nach dem frustrierenden 0:0 gegen Mainz 05. Der noch sieglose Hollerbach ahnt, dass auch seine Amtszeit in Hamburg zu Ende geht. Früher oder später. Spätestens wohl zur neuen Spielzeit. „Stand heute halte ich einen Trainerwechsel noch in dieser Saison nicht für möglich“, sagte der kommissarische Alleinvorstand Frank Wettstein erst auf sechsfache Nachfrage am Donnerstag.

Sechs Spiele hat Hollerbach das strauchelnde HSV-Team bislang verantwortlich betreut. Die Ergebnisse sprechen nicht für ihn: drei Unentschieden, drei Niederlagen. Er hat vieles probiert, erfolglos. Sechsmal hat er seine Startformation geändert, zuletzt viermal unterschiedliche Stürmer beginnen lassen. Er hat schon abgeschobene Profis wie Bakery Jatta und Sven Schipplock reaktiviert. „Jeder bekommt bei mir seine Chance, wenn er sich im Training anbietet“, sagt Hollerbach.

Er und die Spieler versuchen, ihren eigenen, kleinen Kosmos zu schaffen. Wie Desperados in einem feindlichen Umfeld. „Ich rede viel mit den Spielern“, sagte der Trainer. Motto: Wir haben keine Chance, aber wir geben nicht auf. Es geht auch darum, einen guten Eindruck zu machen auf der mutmaßlichen Abschiedstour durch die Bundesliga, Würde zu bewahren. „Für die Spieler ist es eine ganz schwierige Situation, unter solch immensem Druck Fußball zu spielen“, sagte verständnisvoll auch Bayern-Trainer Jupp Heynckes am Freitag. „Wenn der Druck größer wird, versagen hier und da auch die Nerven. Gegen Mainz hätte der HSV 2:0 oder 3:0 gewinnen müssen.“

Das Mitgefühl des um Welten enteilten einstigen Rivalen hat der Traditionsclub aus dem Norden. Im Falle des Abstiegs werde der Bundesliga „der Club schon fehlen. Das ist sehr schade.“

Auch Karl-Heinz Rummenigge bedauert die Entwicklung im Norden: „Der Abstieg ihres Gründungsmitglieds wäre ein herber Verlust für die Bundesliga“, schrieb der Vorstandsvorsitzende im Stadionmagazin. „Ich würde den Abstieg bedauern, ich hatte immer ein gewisses Faible für den HSV.“

Helfen werden diese netten Worte den Hamburgern natürlich gar nichts. „Wir wollen gewinnen, um im Spielfluss zu bleiben“, sagte Heynckes. „Die Bundesliga ist ein sportlicher Wettbewerb.“ Einen Erfolg gegen den HSV vorausgesetzt könnten die Münchner schon am übernächsten Spieltag die erneute Meisterschaft feiern. 0:8, 0:5, 0:8, 1:3, 2:9, 0:5, 0:6 lauten die Ergebnisse bei HSV-Gastspielen in München in den letzten Jahren. Es ist eine Bilanz des Grauens. Und doch: „Wir haben zuletzt viel stabiler gestanden“, sagt Hollerbach, „die Art und Weise macht mir noch Hoffnung auf den Klassenerhalt.“ Dann fügte er noch eine seiner typischen Floskeln an: „Am Schluss wird abgerechnet.“ Das gilt ganz sicher auch für ihn.