Hamburg. Die befürchtete Ultra-Randale blieb aus, doch das Tischtuch bleibt zerschnitten

Rund 25 Unverbesserliche waren am Sonntagmorgen in den Volkspark gekommen. In erster Linie Familienväter mit ihren Söhnen, die trotz allem ein Autogramm im Anschluss des Trainings von den HSV-Profis wollten. Doch was sie dann erlebten, war wohl das letzte Beispiel dafür, dass irgendetwas in der Beziehung zwischen Fans und Club grundlegend aus dem Ruder gelaufen ist. So baute sich ein übelgelaunter Ordner vor den Kindern auf, ließ sie nicht aus einer Art Käfig am Trainingsplatz raus, ehe die Profis vorbeimarschiert waren. Was das denn solle, fragte ein entsetzter Familienvater. „Die Spieler brauchen ihre Ruhe“, antwortete der resolute Sicherheitsmann.

Mit der erhofften Ruhe war es direkt nach dem Schlusspfiff am Vortag endgültig vorbei gewesen. Mit einem Pfeifkonzert und wütenden „Absteiger“-Rufen empfingen die Anhänger die Profis, die sich nach dem Spiel mit gesenkten Köpfen in Richtung Kurve aufmachten. Einen echten Vorwurf konnte man den glücklosen Spielern zwar nicht machen. Aber die Reaktion der Fans war mehr als deutlich: Es reicht.

Bereits vor der Partie hatte ein Großteil der Ultras, die vor einer Woche beinahe einen Spielabbruch in Bremen provoziert hatten, für Aufregung gesorgt. Aus Protest gegen das Sicherheitskonzept des HSV mit erhöhten Zäunen entschieden sich die Anhänger der Ultragruppierungen Poptown, Castaways und Clique du Nord, den B-Rang im Nordosten des Volksparkstadions zu besetzen – in unmittelbarer Nähe zu den VIP-Logen. Doch die befürchteten Ausschreitungen blieben aus. Die frustrierten Anhänger beschränkten sich darauf, ihren Unmut mit wechselnden Plakaten zum Ausdruck zu bringen. „Zäune hoch – Gehälter runter!“, stand auf einem Banner, ein anderes Transparent war ein Gruß an den im Ultralager verhassten Bernd Hoffmann: „Bremen aufmischen? Kein Ding, Berni!“ Auch Heribert Bruchhagen, der nach den Bremen-Vorfällen die Ultras als Fußballzerstörer bezeichnet hatte, bekam sein Fett weg: „Fußballzerstörer? Fußball haben wir diese Saison noch nicht gesehen.“ Und zum Schluss hieß es noch: „Danke für nichts – ihr Söldner.“