BRemen/Hamburg. Während sich der Club betrogen fühlt, sieht sich Schiedsrichter Zwayer im Recht

Pünktlich zur Frühstückszeit am Sonntagmorgen wollte Heribert Bruchhagen zwei Dinge klarstellen. Erstens: Auch nach einer Nacht des Drüberschlafens änderte der Vorstandschef des HSV seine Meinung vom Vortag nicht: „Ich bleibe dabei, dass es sich beim Bremer Tor um eine Abseitsstellung handelte“, schrieb Bruchhagen via WhatsApp. Doch zweitens bereute der Clubchef zumindest seine etwas drastische Wortwahl vom Vortag: „Ich bedauere, was ich in der ersten Emotion über die Videoschiedsrichter in Köln gesagt habe“, schrieb er.

Dabei hatte Bruchhagen nur wenige Minuten nach dem bitteren 0:1 gegen Werder gar nicht so schlimme Dinge gesagt. „Es war klar Abseits“, hatte der Vorstandschef mantraartig wiederholt – und etwas deutlicher, aber nicht fernab seiner guten Kinderstube geschimpft: „Wenn man das in Köln nicht erkennt, dann sagt das etwas über die Qualität derer aus, die dort sitzen. Was sind das für Leute, die da in Köln sitzen?“

Genau diese Frage stellten sich auch die HSV-Profis Rick van Drongelen und Kyriakos Papadopoulos, die sich die Szene des Spiels nach dem Abpfiff noch einmal in den Katakomben des Weserstadions anschauten und anschließend sehr viel deutlichere Kraftausdrücke als ihr normalerweise immer höflicher Clubchef wählten. Recht hatten jedoch weder die nicht jugendfrei schimpfenden Profis noch ihr vornehmerer Chef.

„Ich habe mir die Szene noch einmal angeschaut und gesehen, dass die Entscheidung korrekt war“, sagte Schiedsrichter Felix Zwayer, der in der 86. Minute sofort auf Tor entschieden hatte und bei dieser Entscheidung auch nach wilden HSV-Protesten und einem Anruf bei den Videorichtern Günter Perl und Florian Badstübner blieb.

Dabei muss man wissen, dass die Videorichter eine „eingezogene Linie“, auf die TV-Sender zurückgreifen können, nicht zur Verfügung haben. Und während es ohne diese kalibrierte Linie so wirkte, als wenn Bremens Ishak Belfodil eine Kniescheibe weit im Abseits stand, wurde dieser Eindruck durch die eingezogene Linie revidiert. Allerdings sind diese Linien auch nie genau, da man dafür die Stadien komplett neu vermessen müsste. So hieß es am Ende: im Zweifel für den Angreifer. Oder in diesem Fall: im Zweifel gegen Abwehrmann van Drongelen, der den Ball selbst über die Linie drückte.

„Über das Abseits können wir diskutieren. Aber Rick wird klar gefoult“, sagte Trainer Bernd Hollerbach, der noch einmal ein ganz neues Fass aufmachte. Deswegen hier nur am Rande erwähnt: Bei den einzigen Hollerbach-Punktgewinnen (gegen RB und 96) profitierte der HSV gleich zweimal von Abseitstoren. Darüber wollte am Sonntag allerdings niemand reden. (ks/wal)