Pyeongchang. Nach dem Triumph im Zweierbob gewinnt der Sachse auch im Viererwettbewerb und ist damit der fünfte deutsche Pilot, der sich doppelt krönt

Die Mittagssonne strahlte gerade vom Himmel. Doch André Lange ließ es sich nicht nehmen, auf seinen Nachfolger anzustoßen. Zwölf Jahre nach dem Triumph der Thüringer Bob­legende holte sich am Sonntag auch Francesco Friedrich das olympische Gold-Double. Nach seinem Sieg im Zweier gewann der Sachse souverän die Vierer-konkurrenz und stieg damit in den Kreis der ganz Großen auf. Friedrich ist der fünfte deutsche Pilot, der sich doppelt krönte – nach Andreas Ostler (1952), Meinhard Nehmer (1976), Wolfgang Hoppe (1984) und Lange (2006). Letzterer meinte grinsend in Richtung des 27-Jährigen: „Willkommen im Club.“

Bevor es zum Showdown im kniffligen Eislabyrinth kam, waren alle Augen auf die Tribüne gerichtet. Dort hatte Ivanka Trump mit US-Pudelmütze und Teamjacke inmitten der Fans Platz genommen; eskortiert allerdings von einer Schar streng dreinblickender Sicherheitskräfte. Doch weil es für die US-Piloten nichts zu holen gab, verschwand die 36-Jährige, noch ehe das deutsche Wintermärchen in Südkorea fertig geschrieben war.

Obwohl Friedrich im Vierer in diesem Winter nicht einen Weltcupsieg errungen hatte, bestach er mit traumhaft sicheren Fahrten. Wie auf Schienen raste er viermal gen Tal und schien dabei stets die Ruhe selbst. „Es hat einfach gepasst hier. Ich habe mit minimalen Lenkbewegungen immer die Linie gefunden“, beschrieb er seinen klaren Sieg. Am Ende hatte er 0,53 Sekunden Vorsprung. Zeitgleich auf dem zweiten Platz landeten der Südkoreaner Won Yunjong und Friedrichs Vereinskamerad Nico Walther. Viererbob-Gesamtweltcupsieger Johannes Lochner kam mit der Bahn indes überhaupt nicht zurecht und belegte den achten Rang.

Aber mit dem Doppelsieg setzten die deutschen Bobfahrer das i-Tüpfelchen auf ihre herausragenden olympischen Auftritte. Sie gewannen alle drei Konkurrenzen – und das vier Jahre nachdem in Sotschi nicht eine Medaille herausgesprungen war. „Das ist natürlich fantastisch“, sagte Bundestrainer René Spies. Der 44-Jährige gilt als Schlüsselfigur der sportlichen Auferstehung. Im April 2016 als Nachfolger des erfolglosen Christoph Langen angetreten, forcierte er einen Neuanfang in allen Bereichen und schweißte die Mannschaft zusammen. „Wenn ich damals gesagt hätte, wir fahren nach Pyeongchang mit dem Ziel, drei Goldmedaillen zu holen, dann hätten sie mich innerhalb einer Woche wieder entlassen und für verrückt erklärt“, meinte der Winterberger.

Eine bessere Bewerbung für die Verlängerung seines nach den Spielen auslaufenden Vertrages hätte er nicht abgeben können. Doch an die Zukunft wollte Spies in der Stunde des Triumphes gar nicht denken: „Im Moment bin ich leer. Das hat alles unheimlich viel Kraft gekostet. Und mir ist auch klar, dass wir ganz, ganz hart arbeiten müssen, um diesen Erfolg in vier Jahren wiederholen zu können.“ Aber Peking ist die Zukunft, die Gegenwart hieß: Party im Deutschen Haus. „Wir haben ja einen langen Flug, um schlafen und regenerieren zu können“, blickte Friedrich auf die Heimreise am Montag. Und er machte keinen Hehl daraus, wie sehr er sich auf seine Frau und Sohn Karl freut. „Für sie ist das die größte Belohnung, und natürlich für meine Jungs im Bob, mit denen ich vier Jahre lang darauf hingearbeitet habe.“

Die Teammitglieder Martin Grothkopp und Candy Bauer hatten bei der Ehrung an der Bahn mit den Tränen zu kämpfen. Und Thorsten Margis, der schon Friedrichs Zweier in die Goldspur katapultiert hatte, verriet „völlig platt, aber unheimlich glücklich“: Gemeinsam habe man schon in Kurve zwölf gejubelt. „Franz ist einfach so krass gefahren.“ Eine Erklärung dafür hatte er nach einer durchwachsenen Saison selbst nicht. Bundestrainer Spies attestierte Friedrich indes einen angeborenen Killerinstinkt: „Er ist keiner, der reihenweise die Weltcups gewinnt, sondern er ist immer zum Big Point da.“ Und verblüfft damit alle. Konkurrent Walther hätte dieser Tage gefragt: Wo kommt denn der „Franz“ auf einmal her? Spies entgegnete: „Der ist on fire, wenn es darauf ankommt.“ Wie ein wahrer Champion.