Pyeongchang. Der DOSB-Präsident spricht über deutsche Erfolge in Südkorea, Olympia in Deutschland und Doping

Am Sonntag enden die Winterspiele in Pyeongchang, Deutschland steht mit einer Rekordzahl an Goldmedaillen glänzend da. Logisch, dass Alfons Hörmann (57), Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), zufrieden ist.

Welche Eindrücke haben Sie von Südkorea gewonnen?

Alfons Hörmann: Spannend, dynamisch, fleißig, innovativ. Die Bevölkerung zeigt eine Leistungsbereitschaft, die aus deutschem Verständnis in den Grenzbereich oder darüber hinausgeht.

Eine Wintersportnation wird Südkorea aber nicht mehr, oder?

Das würde ich mit den neu geschaffenen Anlagen, vielen jungen Menschen und der Nähe durch zwei Stunden Zugfahrt nach Seoul nicht sagen. Die Voraussetzungen sind eigentlich traumhaft, ich würde mir ein solches Zen­trum in Deutschland wünschen.

War es richtig, Olympia hierher zu geben?

Südkorea kann mit bestem Gewissen sagen: Wir haben sehr erfolgreiche Winterspiele ausgeführt. Die Tatsache, dass der Weltsport Interesse hat, neue Regionen zu erschließen, ist unter internationalen Gesichtspunkten nachvollziehbar. Ein bisschen schade ist, dass mit Peking 2022 nun zweimal in Folge Spiele in Asien stattfinden, nachdem Sotschi ja auch schon im Grenzbereich war. Umso mehr sollten sich die Europäer bemühen, dass sich 2026 ein anderes Szenario ergibt.

Wie realistisch sind denn noch Spiele in Deutschland in den nächsten Jahren?

Es müssen sich international zahlreiche Dinge weiterentwickeln, natürlich müssen auch die negativen Schlagzeilen des vergangenen Jahrzehnts beseitigt werden. Das IOC und Thomas Bach sind mit den Veränderungen beim Bewerbungsprozess – Reduzierung der Kosten, Flexibilität in der Anpassung der Spiele bezogen auf die jeweilige Region, Nachhaltigkeit – gut unterwegs. National muss sich die Stimmungslage dahin entwickeln, wie es in den vergangenen zwei Wochen der Fall war. Dann müsste es möglich sein, und es wäre erstrebenswert, zwischen 2030 und 2040 noch einmal ins Rennen zu gehen.

Die letzten Bewerbungen sind gescheitert oder gar nicht erst ermöglicht worden. Haben sich die Deutschen davon verabschiedet, Gastgeber sein zu wollen?

Leider stellen wir fest, dass es immer dann, wenn die Bevölkerung zu Großprojekten gefragt wird, tendenziell leichter fällt, Gegner als Befürworter zu mobilisieren. Einem Land wie Deutschland, das politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich international stark positioniert ist, würde es gut zu Gesicht stehen, Großveranstaltungen verschiedener Arten auszurichten.

Das Vertrauen in Olympia und seine Funktionäre fehlt aber hierzulande. Ein großes Problem des IOC ist das Doping, im Russland-Fall hat es eine sehr schwache Figur abgegeben. In Pyeongchang wurden wieder vier Sünder erwischt.

Ich finde es bedauerlich, dass zwei wieder aus dem russischen Team kommen, weil es neue Spekulationen nährt. Die Tatsache aber, dass einzelne Sportler ertappt wurden, spricht dafür, dass die Kontrollsysteme greifen. Die Athleten aus unserem Team berichten, dass intensiv kontrolliert worden ist.

Oftmals muss der Medaillenspiegel ja noch im Nachhinein korrigiert werden.

Dass Einzelfälle auch Jahre danach gefunden werden, spricht ja nur für funktionierende Kontrollsysteme. Aber das kann nicht die Zielsetzung sein. Man kann nur hoffen, dass die Welt-Antidoping-Agentur Wada künftig so agiert, dass sich Sotschi nie wiederholt. Sie sehe ich in der Pflicht. Die Wada hat im Hinblick auf Russland, was vor und während der Spiele in Sotschi gelaufen ist, nicht ansatzweise in der Professionalität gearbeitet, wie man es von ihr erwarten muss.

Das Abschneiden der deutschen Athleten war sehr erfreulich. Wie fällt Ihr sportliches Fazit aus?

Das Team ist insgesamt vorbildlich aufgetreten. Wer aber meint, dass wir dieses Ergebnis mit den heutigen Mitteln und Strukturen halten können, der wird sich spätestens bei den Spielen 2022 in Peking wundern und mit schmerzverzerrtem Gesicht an Pyeongchang erinnern. Wir müssen die Strukturen weiter optimieren. Ohne eine deutliche und klare Erhöhung der finanziellen Mittel wird es nicht gelingen, die Topsportarten auf diesem Niveau zu halten und die, die noch nicht dort sind, nach oben zu bringen.

Beim Bund hatte der DOSB deutlich mehr Geldbedarf angemeldet zur Reform des Leistungssports, eine neue Große Koalition müsste den bewilligen. Thomas de Maizière wird dann aber nicht mehr dem Kabinett angehören. Was passiert nun?

Nicht nur Thomas de Maizière hat sich damit beschäftigt, die Frage des finanziellen Aufwuchses ist im neuen Entwurf des Koalitionsvertrags klar enthalten. Es gibt zig Willensbekundungen. Insofern hoffe ich sehr, dass das auch in neuer Konstellation getragen wird. Andernfalls wäre es ein schwerer Rückschlag, dann wäre die Reform zum Scheitern verurteilt, weil die Umsetzung nur dann funktioniert, wenn auch die Durchfinanzierung gegeben ist.