Hamburg. Der Ex-Bremer im Dress des HSV spricht vor dem Nordderby gegen Werder über den Druck im Abstiegskampf

Positiv bleiben, immer positiv bleiben. Anders geht es ja nicht. Und auch Aaron Hunt hat diesen Grundsatz aus dem Anfängerseminar für Sportpsychologen gut verinnerlicht: „Wir sehen das Derby bei Werder Bremen als große Chance, einiges geradezurücken.“

Ausgerechnet. Werder. Bremen. Und Aaron Hunt. Am Sonnabend um 18.30 Uhr tritt der HSV also im Bremer Weserstadion an. Dort, wo Hunt zwischen 2003 und 2014 elf Jahre erfolgreich gekickt und als Grün-Weißer dem HSV zahlreiche schmerzhafte Niederlagen beigebracht hat. „Natürlich ist es immer noch etwas Besonderes, dort zu spielen“, sagt Hunt, „für mich ist die Brisanz vielleicht noch einen Tick größer als für andere. Aber letztlich geht es auch nur um die drei Punkte.“

Locker bleiben, unaufgeregt, aber ernsthaft. Der 31-Jährige versucht diesen Eindruck zu vermitteln. Voranzugehen in der Krise. Auch Druck aufzunehmen, abzufedern. „Natürlich machen sich die Spieler Gedanken über die Situation, es ist keiner dabei, dem es scheißegal ist“, sagt er also vor dem Mittwochstraining des HSV im Volksparkstadion. Das gehört ja auch zu den Aufgaben eines erfahrenen Profis, dass er sich der Öffentlichkeit stellt. Nicht verkriechen in der Not oder gar abtauchen, sondern: positiv bleiben.

Es hilft der Mannschaft nicht, wenn die Fans in Resignation oder Frust und Wut versinken. Grundsätzlich aber zeigt Hunt Verständnis für den Zorn der Anhänger – nach all den Jahren Abstiegskampf. „Ich versuche das auszublenden. Es hemmt nur, wenn man zu viele Gedanken verschwendet.“ Das Plakat am Sonnabend im Spiel gegen Leverkusen – „dann jagen wir euch durch die Stadt“ – nein, das ging natürlich zu weit. „Das habe ich so auch noch nicht erlebt, seit ich hier bin“, sagt Hunt.

In Bremen, da soll das letzte Training am Freitag vor Publikum sein. Die Fans sind indirekt aufgefordert, dort zu erscheinen, das Team anzufeuern. In Hamburg bleibt Trainer Bernd Hollerbach dabei, seine Spieler am Donnerstag und Freitag nicht öffentlich arbeiten zu lassen.

In Bremen wird seit Tagen auf das Derby eingestimmt, Vorfreude und Spannung erzeugt, in Hamburg scheint eher die Angst davor zu herrschen, das ausgerechnet der alte Nordrivale einen wesentlichen Impuls zum Abstieg geben könnte. „In Bremen war es vielleicht im Umfeld auch etwas ruhiger in den letzten Wochen“, sagt Bremen-Kenner Aaron Hunt. „Aber in Hamburg ist ja generell mehr los als in Bremen.“

Zeit also für eine Trendwende, immer positiv denken: „Das Spiel kommt zur richtigen Zeit. Uns würde ein Erfolg einfach sehr guttun.“ Denn die Unsicherheit in der Mannschaft scheint von außen ja mit den Händen zu greifen. „Wir reden viel als Mannschaft zusammen, wir versuchen das eine oder andere Problem bei den jungen Spielern zu lösen“, sagt der Mittelfeldakteur. „Es ist eine Situation für die jungen Spieler, aus der sie unheimlich viel lernen und mitnehmen können und daraus gestärkt rauskommen.“

Hunt erhebt selbstverständlich für sich den Anspruch, ein „Führungsspieler“ zu sein: „Natürlich ist das eine meiner Rollen, ich spiele ja schon ewig in der Bundesliga.“ So soll es bleiben, auch wenn er noch gar nicht weiß, was die Zukunft bringt. Der Vertrag beim HSV läuft aus. „Das ist überhaupt nicht wichtig, wichtig ist, was hier passiert“, sagt er: „Wir haben alle das Ziel, nicht abzusteigen. Das steht ganz über allem.“

Abgestiegen ist Aaron Hunt schließlich noch nie, auch wenn es schon knapp war. „Und das bleibt hoffentlich auch so“, sagt er. Positiv bleiben, immer positiv bleiben.