Das musste mal sein: Nach zwei Wochen rauer Berglandschaft stand am Sonntagmorgen das Kontrastprogramm an. Knapp eine Autostunde von den pulsierenden Wettkampfstätten in Pyeongchang entfernt rauscht das Japanische Meer. Türkisblaues Wasser, feiner Sand und eine Promenade, die an die schönsten Mittelmeerorte erinnert. Schnell wird klar, weshalb dieser kilometerlange Gyeongpo-Strand zu den beliebtesten Ausflugszielen an Koreas Ostküste gilt.

Reste von Feuerwerkskörpern zeugen noch von den Feierlichkeiten zum Neujahrstag. Kinder sammeln Muscheln. Ihre Eltern schlendern zwischen verschiedenen Ausstellungsstücken umher. Der Strand hat sich in den olympischen Tagen in ein Freiluftmuseum verwandelt. 23 Skulpturen aus Holz, Stroh oder Metall erzählen von der koreanischen Geschichte, der Religion und Kultur des Landes. Der weiße Tiger, der in Korea als heilig gilt, thront auf einem Podest. Eine riesige Geistermaske verrät die enge Beziehung zum Schamanismus. Und die Frau auf dem bunt geschmückten Floß symbolisiert den „Fluss der Zeit“.

So modern ihre Welt im Alltag auch ist: Die Koreaner mögen die alten Mythen und ihre religiösen Traditionen. Am Neujahrstag trug Jieun, wie viele der freundlichen Volunteers, eine feierliche Tracht. Und sie erzählt: „Zu Hause wird am Vorabend immer die Wohnung sauber gemacht. Dann zündet meine Mutter Räucher- und Bambusstäbchen an. Zum Schluss werden Böller geworfen. Ihr Knall soll die Dämonen vertreiben.“ Diesmal musste die Familie allerdings ohne sie feiern. Olympia geht vor.

Das zeigt sich auch am Gyeongpo-Strand. Keines der beeindruckenden Kunstwerke ist das begehrteste Fotomotiv, sondern die aus dem Sand ragenden fünf Ringe. Geduldig warten Einheimische und Touristen in der etwa 30 Meter langen Schlange, bis sie dran sind. Dann wird geknipst, was das Zeug hält. Das olympische Symbol scheint nichts von seiner Faszination verloren zu haben. Auch Jieun reiht sich lachend ein.