Pyeongchang. Neue Schuhe und ein altes T-Shirt sind die Erfolgsgeheimnisse der Skeletonpilotin

Ihrem strahlenden Lächeln hatte auch die lange Partynacht nichts anhaben können. Am Tag nach ihrem Silberritt durch die Eisrinne wirkte Jacqueline Lölling genauso glücklich wie am Abend zuvor. „Die Medaille war mein Ziel. Das habe ich erreicht. Also war feiern angesagt“, sagte sie. Löllings Silber ist erst die dritte olympische Medaille für die deutschen Skeletoni. Die beiden vorangegangenen Erfolge hatte die Siegerländerin vor dem Fernseher verfolgt. Als im Skeleton-Wettbewerb von Vancouver 2010 Kerstin Szymkowiak und Anja Huber zu Silber und Bronze rasten, stand für die 15-Jährige fest: „Das will ich auch einmal erleben.“

Nachdem sie im Fußball, in der Leichtathletik und im Rhönradturnen reingeschnuppert hatte, fragte ihre Sportlehrerin, ob sie nicht Lust hätte, mal Skeleton auszuprobieren. Bei den ersten Fahrten 2007 in Winterberg wusste sie zwar nicht, „wo oben und unten“ ist. Doch der Rausch der Geschwindigkeit hatte Lölling gepackt – und nicht wieder losgelassen. „Ich liebe es, durch die Bahn zu fliegen und intuitiv zu handeln“, sagte sie.

In den vergangenen beiden Wintern avancierte Lölling zur überragenden Pilotin: Europameisterin, Weltmeisterin, zweifache Gesamtweltcupsiegerin. Bei ihrer Olympiapremiere fügte sie ihrer Sammlung noch ein wertvolles Stück hinzu. Nach vier Läufen auf der schwierigen Bahn musste sie nur der Britin Lizzy Yarnold den Vortritt lassen, die ihren Olympiasieg von Sotschi 2014 wiederholte. Dritte wurde Laura Deas, ebenfalls aus Großbritannien, während Tina Hermann (Königssee) und Anna Fernstädt (Skeletonpilot) auf Rang fünf und sechs einkamen.

Erleichtert war Lölling, dass sie ihrer Rolle als Mitfavoritin gerecht wurde: „Es ist ein Riesendruck von mir abgefallen. Nach den vergangenen beiden Jahren hat das jeder erwartet, ich selbst ja auch.“ Und wie es der Zufall wollte, köpfte sie in den frühen Morgenstunden gemeinsam mit Skispringer Andreas Wellinger die XXL-Champagner­flaschen im Deutschen Haus. Bei den Olympischen Jugendspielen 2012 in Innsbruck hatten beide am selben Tag noch Gold gewonnen, diesmal Silber.

Kurz darauf zeigte Lölling auf die neuen, aerodynamischeren Schuhe, die sie in Pyeongchang erstmals getragen hatte. Deren Existenz war bis zur Ankunft geheim gehalten worden, damit sie niemand kopieren konnte. „Wir haben sie im Windkanal getestet und denken, dass wir damit ein km/h schneller sind“, sagte die 23-Jährige. Ein Vorteil, der in einem Sport, in dem Hundertstelsekunden über den Sieg entscheiden, große Auswirkungen haben kann. Und dann ist da ihr Glücksbringer, den sie seit ihren Anfängen trägt: ein rot-pink gestreiftes T-Shirt unter dem Renn­anzug. „Das wächst mit und hat auch das eine oder andere Loch, aber ohne geht es nicht.“ Schnelle Fuhren sind auch immer Kopfsache.