Pyeongchang. Der Biathlon-Superstar wirkt ehrlich zufrieden mit dem dritten Platz über 15 Kilometer – Herren gehen leer aus

„Vielleicht sieben?“, hatte Laura Dahlmeier dieser Tage entgegnet, als sie nach den ersten beiden Siegen gefragt wurde, wie viele Goldmedaillen in Pyeongchang für sie möglich seien. Natürlich weiß sie, dass das olympische Programm nur sechs Wettbewerbe bereithält. Mit ihrer Antwort wollte Deutschlands Biathlon-Star wohl die Erwartungen dämpfen, die aufgrund ihrer beeindruckenden Auftritte im Taebaek-Gebirge nicht geringer geworden sind.

Mit ihrem Erfolgsmärchen von Hochfilzen, als sie vor einem Jahr fünf WM-Titel und eine Vizeweltmeisterschaft errang, hatte die Bayerin die Superlative in ihrer Sportart neu definiert. Nichts schien mehr unmöglich für die „perfekte Biathletin“, wie Bundestrainer Gerald Hönig sie umschreibt. Selbst versuchte sie stets, den Triumphzug von Tirol als Ausnahme darzustellen; als etwas, das nicht wiederholbar ist. „Ich bin ein Mensch und keine Maschine“, stellte die 24-Jährige klar. Und Menschen unterlaufen Fehler.

Dahlmeier hat im olympischen 15-km-Einzelrennen einen Fehler gemacht. Einer ihrer 20 Schüsse fand nicht ins Ziel. Was sonst eine Strafrunde bedeutet, zieht in der anspruchsvollsten Biathlon-Disziplin eine Strafminute nach sich. Und diese auf der abwechslungsreichen Strecke zu kompensieren, ist sehr schwierig. Bleibt man ohne Patzer am Schießstand, kann indes sogar jemand gewinnen, der davon nicht einmal zu träumen gewagt hatte. Als Dahlmeier noch unterwegs war, schlug die vom Ruhpoldinger Wolfgang Pichler trainierte Hanna Öberg immer wieder die Hände über dem Kopf zusammen. Noch nie zuvor hatte die junge Schwedin auf dem Podest gestanden. Aber weil sie ohne Patzer durchkam, erklomm sie auf Anhieb den olympischen Thron.

„Das ist sicher einer der besten Tage in ihrem Leben. Sie hat ein großartiges Rennen gemacht“, lobte Dahlmeier, die sich hinter der überragend laufenden Anastasja Kuzmina (Slowakei/zwei Strafminuten) den dritten Platz sicherte. Darüber wirkte sie kein bisschen enttäuscht, posierte lächelnd im Medienzentrum und sagte: „Im dritten Rennen die dritte Medaille – ich bin wirklich glücklich. Das ist der Wahnsinn.“ Und so nebenbei schrieb die 24-Jährige erneut Geschichte: Ihre nunmehr 14 Plaketten bei Großereignissen in Serie sind unerreicht.

Hönig zog den Hut vor seiner Vorzeigeathletin: „Sie war nach den beiden ersten Rennen ziemlich erschöpft und hatte sich am Vortag im Training auch noch etwas schwach gefühlt“, verriet er. Doch Körper und Wille der Athletin sind so stark, dass sie immer wieder aufsteht und zu Höchstleistungen fähig ist. Insgeheim war sie vermutlich nicht einmal traurig darüber, dass es diesmal nicht für ganz vorn gereicht hat. Das Gerede vom Sechsfach-Gold ist damit erledigt.

Dass sie allerdings ausgerechnet Teamkollegin Franziska Preuß das Edelmetall wegschnappte, war der Partenkirchenerin nicht einerlei. „Das ist schade für sie. Aber jeder gibt im Rennen sein Bestes für sich“, sagte sie. Auch Preuß sah es sportlich: „Die anderen drei waren einfach schneller. Mehr als viermal null schießen konnte ich nicht.“ Der vierte Rang sei dennoch mehr, als sie erwarten konnte „nach meinem sehr schwierigen Jahr“. Preuß spielte damit auf einen Virusinfekt an, der sie außer Gefecht gesetzt hatte und eine monatelange Leidenszeit nach sich zog. „Ich war ein Wrack“, verriet sie.

Unterdessen gingen die deutschen Herren im 20-km-Einzel leer aus. Den Sieg holte sich trotz zweier Strafminuten der Norweger Johannes Thingnes Bö, der sich dafür im Ziel die Glückwünsche von Kronprinz Haakon abholen durfte. Auf den weiteren Plätzen landeten die makellos schießenden Jakov Fak (Slowenien) und Dominik Landertinger (Österreich). Bester Deutscher wurde der Thüringer Erik Lesser auf Rang neun: „Mit einem Fehler kann ich zufrieden sein. Aber läuferisch bin ich leider nicht da, wo ich hin möchte“, haderte er. „Das war ein ziemlicher Kampf.“ Für die Skijäger geht es am Wochenende mit den Massenstarts weiter.