Pyeongchang. Im Eisschnelllauf sollen Athleten Medaillen holen, die nicht mit dem Verband arbeiten

Das Gesicht von Robert Bartko ließ in den vergangenen Tagen nicht darauf schließen, dass er bei seinen Besuchen im Gangneung Oval viele Momente der Freude erlebte. Fünf olympische Rennen sah der Sportdirektor der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) bislang, immer Siege der Niederländer, immer deutsche Athleten, die weit entfernt von den Podesträngen den Zielstrich passierten. Auch am Mittwoch war es so: Beim Sieg von Jorien ter Mors über 1000 Meter wurde Gabriele Hirschbichler als beste Deutsche 15., Judith Dannhauer und Michelle Uhrig belegten die Plätze 26 und 31. Das kann einem aufs Gemüt schlagen.

Mit den Ergebnissen der Spiele vor vier Jahren im Hinterkopf dürfte bei Bartko langsam die Nervosität steigen. In Sotschi blieb sein Verband erstmals seit 50 Jahren ohne olympische Medaille, ein Desaster für die früher so zuverlässigen Eisschnellläufer. „Das Ergebnis hat keinen unberührt gelassen in der DESG“, sagt Bartko, selbst zweifacher Olympiasieger im Bahnradsport. In seine Verantwortung fallen die Resultate von 2014 nicht, er kam erst in der Folge als Erneuerer maroder Strukturen. „Wir haben viele Dinge angepackt und verändert“, erzählt er. Davon sieht man in Südkorea noch nichts. Trotzdem soll sich die Misere von Sotschi nicht wiederholen.

Die Tage der Wahrheit stehen nun bevor. Für zwei Athleten, den Erfurter Patrick Beckert und die Berlinerin Claudia Pechstein, waren die ersten Rennen nur Aufwärmrunden für die lange Lieblingsstrecke. Am Donnerstag tritt Beckert über die 10.000 Meter an, am Freitag Pechstein über 5000 Meter (beide 12 Uhr MEZ). Ein paar Tage später sucht der Chemnitzer Nico Ihle seine Chance über 500 und 1000 Meter. „Patrick muss eine Medaille holen, damit das Ganze hier in Schwung kommt. Auf den Zug will ich dann aufspringen“, sagt Ihle. Alle drei gewannen im Vorjahr an gleicher Stelle WM-Medaillen, das macht Hoffnung.

Die Podestkandidaten profitieren allerdings nicht von Veränderungen innerhalb der DESG. Mit dem von Bartko installierten Bundestrainer Jan van Veen, dessen Arbeit mit den Sportlern in der zweiten Reihe perspektivisch fruchten soll, kooperieren Beckert, Pechstein und Ihle nicht. Sie haben sich selbst Trainer gesucht, ziehen ihre eigene Programme durch. Beckert und Ihle nutzen ihre Brüder als Trainingspartner, Pechstein hat sich ein ganzes Männerteam zusammengestellt. „Ich bin von meinem Programm überzeugt“, sagt Beckert.

Als er sich zunächst einem niederländischen Privatteam anschloss, musste er aus der Förderung der Bundeswehr ausscheiden. Als er ein Jahr später wieder in Deutschland trainierte, wurde er nicht mehr in die Förderung aufgenommen, trotz guter Leistungen. „Ich fand es sehr schade, bin aber froh, dass ich gezeigt habe, was trotzdem möglich ist. Vielleicht hat das den einen oder andern zum Umdenken bewogen.“ In der Olympiasaison lenkte der Verband ein, gewährte die Aufnahme in die Bundeswehr wieder, eröffnete Beckert bessere Bedingungen.

Mit Podestplätzen in dieser Saison bestätigte er seinen Alleingang erneut. „Ich bin in der Form meines Lebens. Ich bin bereit und zähle zu den ­Medaillenkandidaten. Ich will mir den Traum von der olympischen Medaille erfüllen. Nur unter den Top Ten zu landen ist nicht mehr mein Anspruch“, sagt er.