Hamburg. Nach dem 0:0 gegen den 1. FC Nürnberg freut sich St. Paulis Trainer über die Steigerung seines Teams, benennt aber auch die Defizite

Auch am Tag nach dem 0:0 gegen den 1. FC Nürnberg war die Stimmung beim FC St. Pauli noch von zwei gegensätzlichen Erkenntnissen geprägt und deshalb gemischt. Auf der einen Seite stand der positive Aspekt, dass die Spieler ihrer Selbstkritik nach dem 1:3 in Heidenheim eine klare Leistungssteigerung folgen ließen und sich weitaus konzentrierter und engagierter präsentierten. Auf der anderen Seite steht weiterhin das Problem, aus den sich bietenden Torchancen einfach zu wenig Kapital zu schlagen.

Zur ersten Erkenntnis sagte am Dienstag St. Paulis Cheftrainer Markus Kauczinski: „Nürnberg hat uns alles abverlangt. Die Mannschaft war mit dem Auftritt in Heidenheim selbst unzufrieden und hat es sich sehr zu Herzen genommen. Es ist dann immer gut, wenn man direkt Taten folgen lassen kann.“ Dies bezog sich in erster Linie darauf, dass das Team als Kollektiv seine Defensivqualität wiedergefunden hat. Dies war gegen die torgefährlichen Nürnberger, die mit bisher 43 Treffern das offensivstärkste Team der Zweiten Liga sind, existenziell wichtig. Es ging sogar so weit, dass Torwart Robin Himmelmann keine Parade zeigen musste. Einzig beim Kopfball von Nürnbergs Torjäger Mikael Ishak an den Innenpfosten hatte sich St. Paulis Abwehr überraschen lassen. Hier wäre auch Himmelmann machtlos gewesen. Beim Nachschuss, den der Keeper parierte, zog sich Ishak im Übrigen einen Innenbandriss im linken Knie zu und fällt nun rund acht Wochen aus.

Aber es gab über das verbesserte Abwehrverhalten hinaus weitere positive Aspekte im Spiel des FC St. Pauli. So zeigte Richard Neudecker bei seinem ersten Startelfeinsatz seit dem 2:0-Erfolg in Braunschweig am 1. Oktober vergangenen Jahres eine ansprechende Vorstellung. „Er ist das beste Beispiel für einen jungen Spieler, der im Training immer alles gibt und in jedem internen Match richtig Gas gibt. Richy hatte sich den Einsatz verdient“, sagte Kauczinski über den vielseitig einsetzbaren 21-Jährigen. In diesem Fall hatte ihn der Trainer auf die linke Außenbahn beordert, wo er neben seinen offensiven Akzenten vor allem defensiv als Unterstützer für Außenverteidiger Daniel Buballa positiv in Erscheinung trat.

Nürnbergs Trainer Michael Köllner sprach etwas verächtlich von einer „Sechserkette“, die St. Pauli aufgeboten habe. „Dies war der Aufteilung der Nürnberger mit ihren extrem hoch stehenden Außenverteidigern geschuldet“, erläuterte Kauczinski. Auf St. Paulis linker Abwehrseite tauchte immer wieder der gefährliche Enrico Valentini auf, dessen Aktionsradius Neudecker erfolgreich einengte. „Das hat er aufopferungsvoll gemacht, solange die Füße trugen“, sagte Kauczinski.

Ebenfalls einen Aufwärtstrend bewies Sami Allagui, auch wenn der Stürmer erneut eine hochkarätige Torchance vergab – nach einem gefährlichen Freistoß von Neudecker. Beim 0:1 gegen Darmstadt zwei Wochen zuvor war Alla­gui bei seiner Auswechslung noch von vielen St.-Pauli-Fans mit höhnischem Beifall bedacht worden. „Wir haben den Unmut bemerkt und analysiert, was er verändern muss. Den Willen, etwas zu ändern, hat Sami jetzt unterstrichen“, sagte Kauczinski. „Es gab vorher Momente, in denen er nicht die Körpersprache gezeigt hatte, die man braucht.“

Bisher stehen für Kauczinski, der nach 16 Spieltagen das Traineramt von Olaf Janßen übernommen hatte, je zwei Siege, Unentschieden und Niederlagen zu Buche. Eine ausgeglichene Bilanz, wobei die jüngsten drei Spiele ohne Sieg blieben – bei nur einem eigenen Treffer. Damit ist das weiterhin größte Manko benannt. Auch gegen Nürnberg ließ St. Pauli hochkarätige Chancen ungenutzt, wobei als Pech nur der Freistoß von Aziz Bouhaddouz an die Latte des FCN-Tores zu bezeichnen war.

Der Stürmer zog sich in der Schlussphase aber die Kritik seines Trainers zu, als er zwei aussichtsreiche Konter durch einen Fehlpass und einen schwachen Schuss mangelhaft abschloss. „Da hat er nur die 1-b- oder 1-c-Lösung gewählt“, sagte Kauczinski. „Ein Spitzenteam macht in diesen Situationen den Deckel drauf und gewinnt 1:0. Daran sieht man, dass wir erst noch auf dem Weg sind und daran arbeiten müssen.“ Daher muss der Blick weiter nach unten gerichtet werden. Fünf Punkte Vorsprung auf Platz 16 sind längst nicht beruhigend.