Berlin. Der Hamburger Torjäger ist bei der Hallenhockey-WM in Berlin trotz seines hohen Alters ein Schlüsselspieler

Eine Banane mit zwei Esslöffeln Quark, etwas Zimt, ein paar Walnüssen und Cashewkernen verquirlen, mit einem halben Liter Wasser mischen, einen Teelöffel Rapsöl dazugeben – das könnte das Rezept sein, das die deutschen Hockeyherren bei der Hallenweltmeisterschaft, die am Mittwoch in Berlin begann (siehe Infokasten), zum Titelgewinn führt. Alexander Otte schwört auf diesen speziellen Shake, den er sich vor jedem Spiel anmischt und sofort nach dem Abpfiff trinkt, und auf den Torjäger dürfte es im Kampf um die Goldmedaille entscheidend ankommen. Ein Otte in Topform ist von keiner Abwehr der Hockeywelt auszuschalten. Und weil der Stürmer der TG Heimfeld das weiß, tut er alles, um in Topform zu bleiben.

Seinen 36. Geburtstag hat der Hamburger am vergangenen Freitag gefeiert. Für Hockeyspieler ist das ein nahezu biblisches Alter, und um mit den Jungspunden in seinem Umfeld mithalten zu können, muss Otte besonders auf seinen Körper achten. Da passt es hervorragend, dass er sich als selbstständiger Athletiktrainer Wissen auf den Feldern der Trainings- und Ernährungslehre angeeignet hat. Die zeitlich abgestimmte Zufuhr von für die Regeneration der Muskelzellen förderlicher Nahrung ist deshalb nur ein Aspekt, das regelmäßige Einstreuen von Stretching- und Massageeinheiten ein anderer.

„Dank dieser Arbeit habe ich es geschafft, mein athletisches Niveau zu halten. Mein Körper hat sich spät entwickelt, das ist heute ein Vorteil, weil ich nun in hohem Alter noch fit bin“, sagt er. Die physische Form ist allerdings nur ein Baustein für seinen Erfolg. Markus Weise, Vorvorgänger des aktuellen Bundestrainers Stefan Kermas, hatte den Begriff der Handlungsschnelligkeit geprägt. Diese Fähigkeit, sich Spielsituationen in ihrer Gesamtheit schneller intuitiv erschließen zu können als andere, hat Otte zu dem Hallenspezialisten gemacht, um den viele Nationen die Deutschen beneiden.

Auf dem Feld, wo mehr Platz ist, mehr Spieler Einfluss nehmen und Verteidigern mehr Zeit bleibt, um Reaktionsschwächen zu korrigieren, kommen Ottes ko­gnitive Fähigkeiten weniger zum Tragen als in der Halle, wo er im Schusskreis aus allen Lagen Gefahr ausstrahlt, weil er die entscheidende Zehntelsekunde schneller am Ball ist. Deshalb hat er nie ein großes Turnier auf dem Feld gespielt, in der Halle aber mit den Europameisterschaften 2008 und 2016 sowie der WM 2015, wo er Torschützenkönig wurde, schon vier.

Otte war Torschützenkönigin der Hallen-Hauptrunde

Obwohl Anfragen von großen Hamburger Clubs vorlagen, hatte sich der Sportwissenschaftler vor der Saison entschieden, erstmals für Heimfeld, das er seit 2014 als Spielertrainer begleitet, auch in der Halle aufzulaufen. Bislang hatte er dies nur auf dem Feld getan, wo der Club aus dem Hamburger Süden in der Zweiten Liga spielt, und unterm Dach für seinen Heimatverein Großflottbek oder den Club an der Alster getroffen. „Aber ich wollte dem Verein für das Vertrauen, das er in mich setzt, auch in der Halle etwas zurückgeben, weil ich dafür extrem dankbar bin.“ Nun der erste Spieler in der Vereinshistorie zu sein, der eine A-Kader-Nominierung schaffte, mache ihn stolz. „Ich hoffe, dass das für die jungen Spieler ein Ansporn ist, dass man es auch als Heimfelder ins Nationalteam schaffen kann.“

Bei einem Abstiegskandidaten aus dem Blickfeld des Bundestrainers zu geraten, musste er nicht befürchten, „ich hatte das vorher mit Stefan Kermas abgeklärt“. Im Nachhinein wäre der Coach sowieso nicht um ihn herumgekommen, schließlich war er mit 44 Hauptrundentoren Schützenkönig der Bundesliga. Dass er in der Nationalmannschaft eine andere Rolle spielen muss, weiß er: „In Heimfeld spielen alle für mich, für Deutschland spiele ich als einer von vielen in einer starken Mannschaft, werde nicht nur an Toren gemessen, sondern auch an Mitspielqualitäten und dem Defensivverhalten.“

Sollte es in Berlin nach EM-Silber 2008 und WM-Bronze 2015 mit Gold klappen, wäre das „die Krönung meiner Karriere“. Alexander Otte weiß, dass es sein letztes großes Turnier sein wird. Wie es im Sommer, wenn sein Vertrag in Heimfeld ausläuft, für ihn weitergeht, will er bald verkünden. „Wenn ich die vergangenen 20 Jahre mit dem WM-Titel krönen könnte, wäre das unglaublich schön.“ (bj)