Hamburg. Der Serbe nutzt seine Freiheiten im Sturm – Diskussionen um nicht gegebenen Elfer

Reden wollte er nicht. Nach dem Abpfiff marschierte Filip Kostic frustriert direkt in die Kabine. Wenige Minuten zuvor hatte er ähnlich gedankenschnell reagiert. Während Freund und Feind Sejad Salihovics Freistoß durchrutschen ließen, lief Kostic bis zum zweiten Pfosten durch und vollstreckte zum 1:1. Sofort signalisierte der Angreifer, dass er mehr will als diesen Punkt und forderte die Fans zu mehr Unterstützung in der Schlussphase auf. In der Nachspielzeit bot sich dem HSV in Person von Kostic tatsächlich noch die Chance auf den „Lucky Punch“. Doch diesmal geriet der Serbe in Rücklage und jagte den Ball übers Gehäuse.

Auch wenn Kostic der Siegtreffer verwehrt blieb, er fühlt sich sichtlich wohl in seiner neuen Rolle. Als eine seiner ersten taktischen Änderungen beorderte Neu-HSV-Trainer Bernd Hollerbach den 25-Jährigen als zweite Spitze vom Mittelfeld in den Sturm. Seitdem sind zwei Spiele vergangen, in denen der HSV jeweils nach Rückständen noch ein Remis erreichte. Sowohl in Leipzig (1:1) als auch gegen Hannover rettete Kostic mit seinen Toren einen Punkt. „Er kommt häufiger zum Abschluss, wenn er zentraler spielt. Das hilft uns“, lobt Sportchef Jens Todt.

Mit vier Saisontoren ist Kostic nun Top-Torjäger seiner Mannschaft. Unter Vorgänger Markus Gisdol war Kostics Hauptaufgabe nicht das Toreschießen. Vielmehr sollte der Flügelflitzer über die linke Außenbahn Druck ausüben und auch in der Defensive aushelfen, um Überzahlsituationen zu schaffen. Im Abschluss fehlten Kostic dann häufig Kraft und Präzision. Seine Flanken fanden viel zu selten einen Abnehmer. Diese Zeit soll nun der Vergangenheit angehören. „Ihm tut die neue Position gut, weil er sich frei bewegen kann und nicht zu sehr aufs Pressing achten muss“, beschreibt Mathenia die neue Rolle von Kostic. „Natürlich muss er auch vorne verteidigen, aber er hat im Angriff viel mehr Freiräume als im Mittelfeld.“

Einen dieser Freiräume nutzte Kostic kurz vor dem Halbzeitpfiff aus, um in den Strafraum einzudringen, wo er von Hannovers Abwehrhüne Salif Sané elfmeterreif abgeräumt wurde. Schiedsrichter Sascha Stegemann ließ dennoch weiterspielen. Wenige Sekunden später unterbrach der Unparteiische das Spiel für eine Rücksprache mit Videoassistent Dr. Jochen Drews in Köln, um sich seine Entscheidung zum Leidwesen des HSV bestätigen zu lassen. „Für mich war das ein klarer Elfmeter. Der Angriff gilt dem Mann, vielleicht ist auch ein bisschen Ball dabei“, sagt Todt.

Es war eine umstrittene Entscheidung, die dennoch Kostics Wert im HSV-Angriff unterstreicht. Auch beim nächsten Auswärtsspiel in Dortmund (Sa.., 15.30 Uhr) wird der Serbe wieder im Sturm auf Torejagd gehen.