Hamburg. Sportdirektor Bernhard Peters strebt Dritte Liga an – doch Vereinschef Bruchhagen lässt Entscheidung offen

Die Zeit scheint wieder einmal für den Bundesliga-Dino abzulaufen. Doch im Schatten des neu aufgeführten Dramas findet – nur wenige Meter vom großen Volksparkstadion entfernt – ein für die zukünftige Aufstellung des Traditionsclubs nicht minder wichtiger Kampf statt: bei der U 21 des Vereins (HSV II). Einer Mannschaft, die in der Regionalliga Nord in der Hinrunde unter dem neuen Trainer Christian Titz die Gegner reihenweise schwindlig spielte – und die vor dem Start ins zweite Halbjahr gegen Eintracht Norderstedt (So, 13 Uhr, Wolfgang-Meyer-Stadion, Hagenbeckstraße 124) hochverdient mit drei Zählern Vorsprung auf Weiche Flensburg auf Rang eins steht.

Dieser würde zur Teilnahme an zwei Relegationsspielen um den Drittligaaufstieg berechtigen. Fünf Gegner – die vier Meister der anderen Regionalligen und der Zweite der Südweststaffel – wären möglich. Besonders heiß wäre die Auslosung zweier Duelle gegen 1860 München, aktuell Tabellenführer in der Regionalliga Bayern.

In der Dritten Liga müsste der HSV-II-Etat deutlich steigen

Ob die „kleinen Rothosen“ solche Festtage erleben dürfen, hängt allerdings nicht nur von ihren fußballerischen Künsten ab. Im Winter wollte der HSV entscheiden, ob er die Drittligalizenz für seine zweite Mannschaft beantragt. Und wer HSV-Sportdirektor und Nachwuchschef Bernhard Peters zuhört, vermutet zunächst auch keinerlei Probleme. „Wir freuen uns sehr über unsere starke U 21. Die Mannschaft soll Meister werden. Wer Meister wird, bestreitet die Aufstiegsspiele. Wer die gewinnt, spielt in der nächsten Saison in der Dritten Liga. Und genau das streben wir an“, sagt Peters.

Alles klar? Nein, denn Heribert Bruchhagen klingt anders. „Über die Entwicklung unserer U-21-Mannschaft bin ich hocherfreut. Natürlich ist es unser Ziel, Erster zu werden. Der sportliche Erfolg steht über allem“, sagt zwar auch der Vereinsboss. Aber was im Falle eines Aufstiegs passiere, „darauf gibt es keine ganz einfache Antwort. Damit werden wir uns dann beschäftigen, wenn es so weit ist.“

Nach Abendblatt-Informationen ist es durchaus wahrscheinlich, dass der HSV eher auf Bruchhagen- als auf Peters-Kurs steuern wird – und im Falle des Falles seiner zweiten Mannschaft ein Aufstiegsverbot erteilt. Knackpunkt ist das liebe Geld. Der Etat von geschätzt rund einer Million Euro für das jetzige Regionalligateam müsste in der Dritten Liga mindestens verdreifacht werden, um den mit dem Aufstieg verbundenen Sprung in den Profifußball zu bewältigen, sprich um ansatzweise eine Chance auf den Klassenerhalt zu haben.

Große Clubs wie Wehen Wiesbaden (sieben Millionen Euro Etat), Magdeburg (6,7 Millionen) oder der KSC (fünf Millionen) streben mit hohem Einsatz den Aufstieg an – oder versagen wie Osnabrück, das seinen Etat vor der Saison mit acht Millionen Euro bezifferte. Der Tabellenvorletzte Chemnitz hat drei Millionen zur Verfügung, Rot-Weiß Erfurt als Tabellenletzter 2,9 Millionen.

Im Vergleich zur beschaulichen Regionalliga Nord würden für den HSV II die Gehalts- und Reisekosten steigen. Touren wie zu Carl Zeiss Jena, den Würzburger Kickers oder der Spielvereinigung Unterhaching verlangen zudem im Zuge einer vernünftigen Vorbereitung bei entsprechender Terminierung eine frühere Anreise samt Hotelübernachtung. Hier müssen auch die Arbeitgeber der berufstätigen Spieler ihr Okay geben, wenn die Abfahrt zeitiger an den Freitagen erfolgt.

Umzug ins Volksparkstadion wäre nicht zu verhindern

Die Kosten für die Heimspiele würden ebenfalls steigen. Wesentlich höhere Sicherheitsauflagen würden wohl einen Umzug der Zweiten vom beschaulichen Wolfgang-Meyer-Stadion in den großen Volkspark bedingen. Auf der anderen, der sportlichen Seite steht die verlockende Chance für den HSV, den Unterbau in einer höherwertigen Liga zu stärken. Für die Ausbildung der Talente könnte das goldwert sein. Aktuell spielt mit Werder Bremen II nur eine Bundesligareserve in der Dritten Liga, steht dort auf einem Abstiegsplatz. Der HSV könnte also mal wieder Nummer eins sein – zumindest bei den zweiten Mannschaften.

Sicher dürfte sein: Bei einem tatsächlichen Abstieg des HSV aus der Bundesliga wird es dazu nicht kommen. Zwar erlauben die DFB-Statuten ein erstes Team in der Zweiten und ein zweites Team in der Dritten Liga, doch bei einem Abstieg seines Bundesligateams müsste der hoch verschuldete HSV jeden Cent umdrehen, um die Zweitligalizenz zu sichern. Ein erhöhtes Investment in die zweite Mannschaft wird es dann nicht geben.

Bis Gewissheit herrscht, ob der Dino der Dino bleibt, kann der Verein nicht warten. Die Unterlagen für die Dritte Liga müssen bis zum 1. März beim DFB beantragt werden. Die Zeit läuft also mal wieder ab für den HSV.