Hamburg. Angelique Kerbers Ex-Trainer Torben Beltz spricht im Interview über ihre neue alte Stärke

Seit einer Woche ist Torben Beltz (41) von den Australian Open zurück, und weil sein neuer Schützling Donna Vekic (21/Kroatien) das WTA-Turnier in St. Petersburg in dieser Woche ohne seine Unterstützung absolviert, hat der Tennislehrer aus Itzehoe Zeit, sich um seine Töchter Charlotte (14) und Mathilda (8) zu kümmern. Und die Muße, mit dem Abendblatt über die neue Stärke seiner einstigen Musterschülerin Angelique Kerber (30) zu reden, von der er sich Ende 2017 trennte.

Herr Beltz, wie geht es einem Trainer, wenn er sieht, dass seine langjährige Spielerin nach dem Trainerwechsel zu alter Stärke zurückfindet?

Torben Beltz: Sehr gut! Ich freue mich für Angie, dass sie wieder in die Spur gefunden hat. Das war schließlich der Hauptgrund für die Trennung, dass wir einen neuen Impuls setzen wollten. Das scheint gut gelungen.

Hinterfragen Sie sich jetzt nicht ständig, warum es 2017 nicht gelungen ist, an die Traumsaison 2016 anzuknüpfen, in der Sie Kerber an die Spitze der Weltrangliste und zu zwei Grand-Slam-Titeln geführt hatten?

Natürlich frage ich mich, was falsch gelaufen ist und an welchen Stellen ich etwas hätte anders machen können. Aber es ist nicht so, dass ich mir irgendetwas vorwerfe, denn wir haben alles versucht.

Warum hat das nicht gereicht?

Das ist nicht an einer einzelnen Schwierigkeit festzumachen. Es war eine Mischung aus vielen Dingen. Da war der Druck, plötzlich die Gejagte zu sein. Dann hat spielerisch vieles nicht so funktioniert wie 2016, dadurch fehlte es an Selbstvertrauen. Und auch das nötige Glück ist in solchen Phasen nicht da. Man darf zudem nicht vergessen, dass 2016 wirklich alles zusammenpasste.

Es gab immer wieder Gerüchte, dass Angelique körperlich nicht fit sei. War das so?

Nein, körperlich war sie nicht anders drauf als 2016 oder jetzt auch. Sie hatte nach harten Matches immer mal irgendwo Schmerzen, aber das ist auf dem
Level nichts Besonderes.

Sie sprachen den Druck an, der auf ihr lastete. Haben Sie es versäumt, sie im mentalen Bereich optimal vorzubereiten? Gab es einen Mentalcoach, der geholfen hat?

Im Rückblick kann man diesen Schluss, dass sie nicht optimal auf den Druck vorbereitet war, vielleicht ziehen. Wir haben sehr viele Gespräche geführt und versucht, die Situationen gemeinsam zu lösen. Aber es ist uns nicht in dem Maß gelungen, das nötig gewesen wäre.

Als Außenstehender hatte man oftmals den Eindruck, dass Angelique den Spaß am Tennis verloren hatte. Stimmt das?

Nein, das würde ich so nicht sagen. Natürlich macht Tennis mehr Spaß, wenn man Matches und Turniere gewinnt. Das hat leider nicht so häufig funktioniert, wie wir es uns gewünscht hätten. Aber im Training hatten wir viel Spaß. Wir haben versucht, ständig neue Reize zu setzen, um darüber einen Umschwung zu schaffen. Aber wenn es nicht gelingt, sich in einen Gewinnstrudel zu spielen, ist es schwer. Wir haben es nicht geschafft, dass sie sich freispielen konnte. In Wimbledon war es knapp, wenn sie das Achtelfinale gegen Garbine Muguruza gewonnen hätte, wäre das vielleicht ein Befreiungsschlag gewesen. Aber es sollte nicht sein.

Was macht der neue Trainer Wim Fissette anders, vielleicht sogar besser als Sie?

Wim ist ein hervorragender Trainer. Man sieht, dass die beiden in der Vorbereitung viel gearbeitet haben. Der Aufschlag ist stabiler, sie spielt mit viel Druck von der Grundlinie. Am wichtigsten aber ist, dass die Saison mit einer Siegesserie begonnen hat. Dadurch entsteht das Selbstvertrauen, das Angie für ihr Spiel braucht.

Was, glauben Sie, haben Kerber und Sie aus der vergangenen Saison gelernt?

Ich bin überzeugt davon, dass die Erfahrungen uns beide weitergebracht haben. Angie ist deutlich reifer geworden. Man hat es an ihrer Reaktion gesehen, wie sie die Halbfinalniederlage in Melbourne gegen Simona Halep kommentiert hat. Da hat sie das Positive in der Niederlage gefunden, anstatt sich davon runterziehen zu lassen. Das ist ein gutes Zeichen.

Nach Melbourne gilt Kerber wieder als Anwärterin auf die Majortitel. Wird sie mit diesem Anspruchsdenken besser umgehen mit der Erfahrung des vorigen Jahres?

Ich denke ja. Wenn sie so spielt wie in den ersten Wochen dieser Saison, dann kann sie jedes Turnier gewinnen.

Wo ist Potenzial, das Fissette heben kann?

Das zu beurteilen, ist nicht mehr meine Aufgabe. Ich konzentriere mich jetzt auf meine Arbeit mit Donna Vekic. Die hat riesiges Potenzial, ist eine Allrounderin, die hart aufschlägt. Da gilt es nun, Schritt für Schritt alles zu verbessern.

In Melbourne gab es in Runde zwei das
direkte Duell Vekic gegen Kerber. Wie war das für Sie?

Schon speziell, keine Frage. Natürlich wollte ich, dass wir gewinnen. Es war schade, dass das Match so früh kam, denn Donna hätte noch ein paar Runden weiterkommen können. Aber ich habe mich auch für Angie gefreut, dass sie so stark gespielt hat. Und es ist gut, dass wir dieses Duell jetzt hinter uns haben.